Ja, richtig gelesen, "Masturbation bei Geburt" und nein, das ist kein Scherz, diese Frau meint es ernst. Angela Gallo ist eine Bloggerin und Aktivistin, die sich schon lange für eine "natürlichere" Geburt starkmacht, und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt.
Und so enthüllte sie auf ihrem Blog, wie sie es nennt, ihr "gar nicht so schmutziges Geheimnis": Bei der Entbindung ihres zweiten Kindes befriedigte sie sich selbst, stundenlang. Und sie ist überzeugt, dass alle Frauen davon profitieren würden, wenn sie sich nicht für ihre Instinkte schämen, sondern ohne Berührungsängste auf ihren Körper hören würden.
Gallo geht gleich zu Beginn ihres Textes in die Offensive: "Seid jetzt nicht so schockiert. Geburt und Sex funktionieren schließlich genau gleich. (...) Die Geburt bringt das Tier in mir zum Vorschein, und dass ist ein Gefühl, das ich schamlos auskoste. Ich kann es nur als Löwin beschreiben, die aus ihrer Höhle kommt - sexy, stark, entschlossen und warm."
Sie beschreibt exakt, an welchem Punkt der Geburt sie bemerkte, wie sehr sie jeder Wehenschub mit einer völlig neuen Energie füllte - und wie sie sich diesen Empfindungen ohne Vorbehalte hingab:
"Masturbation machte einfach am meisten Sinn, als ich die Wehen über mich ergehen ließ. Ich weiß noch, wie mein Mann mich fragte "Möchtest du jetzt Sex mit mir haben?". Und obwohl ich in diesem Moment keinen Sex mit ihm wollte, war es als hätte er meine Gedanken gelesen! Stimulation der Klitoris war ein absolutes GESCHENK. Dadurch konzentrierte ich mich noch stärker auf meine Vagina, auf die Energie, die in mir freigesetzt wurde. Ich fühlte mich enger verbunden und es gab mir mehr Kontrolle darüber, was ich fühlte. Die Wehen wurden besser kontrollierbar, und die Pausen dazwischen haben auch mehr Spaß gemacht."
War es ein sexueller Orgasmus? Nein.
Mit einer Mischung aus Nostalgie und Erregung beschreibt sie, wie gerne sie sich noch heute an diese Geburt und die Gefühle erinnert, die sie in dieser Form nie wieder erlebt hat.
"War es ein sexueller Orgasmus? Nein. Befriedigend? JA! Es war mein wunderbares, instinktives Schmerzlinderungs-System, das zum Leben erwachte! Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich einen Weg erforscht habe, der mit so viel Scham belegt ist."
Auch woher diese Scham kommt, kann Gallo erklären: "Ob wissenschaftlich, biblisch oder medizinisch: Die Geburt wird seit jeher als etwas beschrieben, dass man "durchmacht", Schmerz als Strafe dafür, dass wir den Apfel am verdammten Baum gegessen haben. Die Vorstellung, dass man bei der Entbindung auch Befriedigung empfinden kann, ist für viele Menschen verstörend." Die Frauen erwarten Schmerzen und schämen sich dann umso mehr, wenn sie Euphorie und Glücksgefühle empfinden - oder halt Lust und Orgasmen.
Drei Gründe für Geburts-Masturbation
Zu guter Letzt gibt Gallo ihren Leserinnen noch drei Gründe mit, warum sie es selbst einmal ausprobieren sollten: Erstens, so die Aktivistin, sind Sex und Geburt im Körper sehr ähnliche Prozesse und greifen auf die gleichen Hormone zurück. Zweitens ist Selbstbefriedigung ein sehr effektives Schmerzmittel. Und drittens fühlt es sich einfach wahnsinnig gut an, basta.
Diese Thesen sind natürlich bewusst überspitzt formuliert, und bieten viele Anhaltspunkte zum Diskutieren. Unter ihrem Blog häufen sich aber auch Kommentare von Frauen, die ihr begeistert zustimmen und von ähnlichen Erfahrungen im Kreißsaal berichten.
Wie empfehlenswert diese Technik nun tatsächlich ist, bleibt unbewiesen. Aber in einem Punkt hat Gallo auf jeden Fall recht: Es ist immer gut, genau auf seinen Körper zu hören und kein Signal zu ignorieren, nur weil es irgendwie peinlich ist. Denn gerade bei einer Geburt weiß der Körper genau, wie es am besten weitergeht - und das muss ja nicht zwangsläufig unangenehm sein.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.
