1. Nicht zu früh ins Krankenhaus, weil das oft mit einer Geburtseinleitung endet
Die Zeit um den Geburtstermin ist spannend. Sind das Wehen? Wie fühlt es sich an, wenn sich das Baby auf den Weg macht? Kann keiner wissen, der noch kein Kind gekriegt hat. Unsicherheit ist also ganz normal. Und es geht Dir vielleicht so wie über der Hälfte der werdenden Mütter: Du fährst lieber früher in die Klinik! Ja, und da seid Ihr nun. Denn auch wenn die Geburt noch nicht begonnen hat, schicken heute die wenigsten Krankenhäuser werdende Eltern wieder nach Hause. Weil man niemanden unbehütet lassen möchte.
Es gibt Vorwehen- Zimmer, in denen Du Dich fast wie im Hotel fühlst. Aber eben nur fast. Im Hintergrund läuft die Zeit. Du wanderst mit Deinem Partner durch Flure und den Park. Die Zeit kriecht. Nach 24 Stunden ist so gut wie jedes Paar mürbe. Bitte Wehenmittel! Tatsache ist leider: Künstlich angestoßene Wehen verlaufen anders als natürliche. Sie tun mehr weh. Die Folge: fast immer eine PDA, fast immer Eingriffe in der letzten Phase der Geburt – die Saugglocke, wenn der Arzt Erfahrung damit hat und das Geburtshilfe-Team noch einen Rest Geduld. Sonst? Kaiserschnitt.
Der ELTERN-Rat für Dich: Besuche einen Geburtsvorbereitungskurs. Dort erfährst Du viel über die ersten Anzeichen einer Geburt und wann es wirklich an der Zeit ist, in die Klinik zu fahren. Bei Partnerkursen lernt Ihr gemeinsam, was Dir bei der Geburt gut tut und was der werdende Papa tun kann, um Dich zu unterstützen.

2. Mehr männlicher Mut, weil sich dann Ärzte und Hebammen mehr Zeit lassen
Es ist verdammt schwer, nicht wirklich etwas tun zu können, wenn sich der Mensch, den man liebt, mit Schmerzen quält. Okay, der Schmerz ist für einen guten Zweck. Trotzdem. Es braucht einen starken Mann, um viele Stunden Wehen mit durchzustehen, ohne vor Mitleid, Hilflosigkeit oder Angst die Geburtshelfer anzubetteln, endlich "richtig" einzugreifen.
Hebammen und Ärzte reagieren, wenn der Mann Hilfe braucht. Sie sind schließlich keine Unmenschen. Und keine Übermenschen, die unbeeinflusst nur das tun, was objektiv richtig ist. So kann das Seelenleben des werdenden Vaters den Geburtsverlauf entscheidend steuern. Hält der Mann nicht mehr durch, beschleunigen Hebammen und Ärzte die Entbindung. In allergrößter Not sogar mit Kaiserschnitt.
Der ELTERN-Rat für Dich: Ehrliche Geburtsvorbereitung für Männer. Das muss nicht in einem Extra-Kurs nur für werdende Väter sein. Aber ein Zweier-Gespräch zwischen Mann und Hebamme unbedingt einplanen. Und bitte – ehrliche Selbsteinschätzung! Das heißt nicht gleich, dass ängstliche Männer nicht mitdürfen zur Geburt. Aber sie sollten sich Pausen gönnen, wenn sie es nicht mehr aushalten können.
3. Weniger ablenkende Technik, weil sie meist mehr verunsichert als nützt
Wenn es gut läuft, klingen die Herztöne des Babys aus dem CTG-Gerät wie beruhigende Begleitmusik. Regelmäßiges Bum-Bum-Bum – wie schön, es geht dir gut, Kleines!
Wenn es nicht ganz rund läuft (und das ist bei mehr als der Hälfte der Entbindungen so), macht die Dauerüberwachung alle Anwesenden nervös.
Die Frau in den Wehen: Stolpern die Herztöne, weil ich es nicht schaffe, richtig weiterzuatmen?
Der werdende Vater: Was bedeuten die Zacken auf dem Bildschirm? Geht’s dem Kind nicht gut?
Die Hebamme: Klingt alles normal? Genauer hinhören? Das Muster der Herztonkurven anschauen?
Der Arzt: Noch alles im grünen Bereich, aber das kann sich ändern.
Und wieder das alte Dilemma: Vor lauter Widersprüchen enden Geburten, die von Beginn der Wehen an dauerüberwacht werden, doppelt so häufig mit einem Kaiserschnitt wie Entbindungen, bei denen das CTG gezielt nur etwa jede Stunde eingesetzt wird.
Der ELTERN-Rat für Dich: Wenn bei Dir alles normal läuft, ist Dauerüberwachung nicht nötig. Und wenn – wenigstens den Ton ausstellen.
4. Auf sanften Wechsel zur neuen Hebamme bestehen, weil Vertrauen beim Kinderkriegen hilft
Kaum eine Geburt passt genau in die Dienstschicht der Hebamme. Mehr als drei Viertel aller werdenden Mütter müssen mit einem Wechsel fertig werden. Das ist schlimm, denn schließlich lässt man kaum einmal im Leben jemanden so nah an sich heran wie die Frau, die einem bei der Geburt hilft. Andererseits: Hebammenarbeit ist ein Knochenjob. Nach acht Stunden braucht die Helferin eine Pause für Kopf und Körper. Trotzdem schade, bei allem Verständnis. Für Dich ist Kinderkriegen schließlich kein Beruf, sondern ein herausragendes Ereignis im Leben.
Der ELTERN-Rat für Dich: Frage in Deinem Krankenhaus nach, wie man es mit dem Schichtwechsel hält. In vielen Kliniken bleiben die Hebammen bei „ihren“ Frauen, wenn abzusehen ist, dass das Baby bald kommt.
Du hörst schnell heraus, ob Dein Krankenhaus sensibel für Dein Anliegen ist. Mindestens eine sanfte Übergabe sollte Dir zugesagt werden. Du willst ganz auf Nummer sicher gehen? Dann solltest Du Dir eine Beleghebamme suchen. Sie bleibt bei Dir, egal, wie lang die Geburt dauert.
5. Pausen akzeptieren, weil das einen Kaiserschnitt ersparen kann
Eigentlich, so wissen erfahrene Geburtshelfer, sind Wehenpausen normal. Besonders bei Entbindungen, die in der Nacht losgegangen sind. Denn dann hat die Frau oft seit 24 Stunden keinen Schlaf mehr bekommen. Kein Wunder, dass sie erschöpft ist. Und der Körper macht dann genau das Richtige – Pause!
Nur leider passt sie oft nicht in die Kreißsaal-Routine. Und selber ist man auch nicht darauf gefasst, dass Stunden „für nichts“ vergehen. Leider wird die Pause dann häufig umbenannt. Schlimmstenfalls in Geburtsstillstand. Und dann muss etwas geschehen. Wehenmittel. Im erschöpften Körper wirken sie in vielen Fällen nicht so wie erhofft. Und so fällt die Entscheidung: Kaiserschnitt.
Der ELTERN-Rat für Dich: Denke nicht: Ich kann doch nicht schlafen wollen, wenn ich jetzt mein Kind auf die Welt bringen soll! Bitte setze Dich nicht unter Druck. Wunderbar wäre es, Du könntest Deinem Körper die Pause gönnen, wenn er sie sich holen will. Klappt am besten mit einer geduldigen Hebamme!
6. Besser warten mit der Wanne, weil Du sonst zu lange im Wasser liegst
Du wünschst Dir eine Wassergeburt? Die Chancen stehen etwa eins zu fünf, dass Du Dein Baby auch wirklich in der Wanne kriegst.
Manchmal sprechen medizinische Gründe dagegen. Häufig aber liegt es an einem leicht zu vermeidenden Fehler: In vielen Krankenhäusern schickt man die gebärende Frau viel zu früh ins Wasser. Wenn der Muttermund gerade erst anfängt, sich zu öffnen, also keine zwei, drei Zentimeter nachgegeben hat. Wenn Du die Wehen noch gar nicht „gewöhnt“ bist, kann es unerträglich sein, weil die Kontraktionen im Wasser erst mal an Kraft zulegen. Und: Kein Mensch will zehn Stunden oder mehr im Wasser sein!
Der ELTERN-Rat für Dich: Die Wanne ist der richtige Platz für Dich, sobald es richtig zur Sache geht. Der Muttermund sollte im Trockenen schon um die fünf Zentimeter offen sein. Dann hilft Dir das Wasser bei der Wehenarbeit, die schon abzusehen ist. Häuser mit guten Wassergeburten zeichnen sich also genau dadurch aus, dass man Dich erst mal nicht in die Wanne lässt.
7. Sich den Wunsch nach einer PDA nicht abhandeln lassen, weil es Deine Sache ist, wie viel Schmerz Du aushalten willst
Schmerzen bei der Geburt kann man heute wirksam und schonend dämpfen. Mit PDA. Diese spezielle Form der örtlichen Betäubung lässt den Kopf wach, die Wehen kommen jedoch nur noch als Druck und nicht mehr als Schmerz an. Die Medikamente gehen kaum auf das Baby über. Unter PDA ist die Plazenta sogar besser durchblutet, das Kleine bekommt also mehr Sauerstoff und Kraft. Und: Du entscheidest, ob und wann Du eine PDA haben willst. Das ist kein Gnadenakt der Geburtshelfer.
Der ELTERN-Rat für Dich: Wenn Du erwägst oder entschlossen bist, Dir mit PDA helfen zu lassen, wähle ein Krankenhaus, in dem rund um die Uhr ein Anästhesist anwesend ist! Wenn der Facharzt erst aus dem Bett geholt werden muss, kommt es leider oft zu unguten Verhandlungen. Ach, ein Stündchen kannst Du ja noch durchhalten! Lohnt eigentlich kaum noch, die Betäubung, das Kind kommt ja bald. Du fühlst Dich hilflos und betrogen, keine guten Gefühle bei der Geburt. Aber vermeidbar, wie oben erwähnt.
8. Schon bei der Klinikwahl auf die Stimmung im Team achten, weil in schlechten Fällen die Hebamme nichts zu sagen hat
Wenn Du in einer Klinik entbindest, kümmern sich Hebammen und Ärzte um Dich. Die Hebamme begleitet Dich durch die Wehen, arbeitet mit Dir, massiert Deinen Rücken, hält Deine Hand. Die Ärzte bleiben in der Eröffnungsphase eher im Hintergrund, erst wenn die Presswehen einsetzen, ist immer auch der Mediziner mit dabei. Das kann für die Hebamme entlastend sein – oder eine Bevormundung. Immer wieder nämlich trifft der Mediziner eine Entscheidung, die die Hebamme nicht mittragen mag. Zum Beispiel, wenn der Arzt die letzte Phase der Geburt beschleunigen will und die Frau sehr antreibt.
Hebammen sind meist selbstbewusste Frauen, sie müssen sich aber dem Urteil des Arztes beugen. Sie steht in der Krankenhaus-Hierarchie unter dem Doktor. Da kannst Du natürlich nichts dafür.
Und doch fühlen sich viele Frauen von der Hebamme fallen gelassen, wenn der Arzt das Kommando übernimmt. Schade, denn unter der Geburt ist Deine Psyche empfindlich wie nie. Schlimmstenfalls machst Du zu, die Geburt zieht sich hin.
Der ELTERN-Rat für Dich: Versuche, schon bei der Kreißsaalführung die Stimmung im Team zu erspüren: Gehen Hebammen und Ärzte respektvoll miteinander um? Oder klemmt es? Du willst sicher sein, nicht in einen Kleinkrieg der Geburtshelfer zu geraten? Inzwischen gibt es auch immer mehr Krankenhäuser mit hebammengeleiteten Kreißsälen. Das heißt: Nur wenn es zu Komplikationen kommt, holt die Hebamme einen Arzt dazu. Ansonsten leitet nur sie die Geburt, die Medizin ist zur Sicherheit im Hintergrund – in Rufbereitschaft.
9. Dammschnitt möglichst ablehnen, weil er oft schwerer heilt als ein Riss
Routine ist der Dammschnitt glücklicherweise nicht mehr. Aber immer noch weist die Statistik eine Schnittrate um 60 Prozent aus. Heißt: Du solltest damit rechnen, dass der Arzt zur Schere greifen will. Im richtigen Moment gesetzt tut der Schnitt nicht weh. Und richtig vernäht, darf die Wunde schon ein paar Tage nach der Geburt keine Probleme mehr machen. Der Dammschnitt kann dem Baby helfen, leichter auf die Welt zu schlüpfen. Du kannst Dir das so vorstellen: Bei der Geburt muss Dein Kleines mit dem Köpfchen wie durch einen sehr engen Rollkragenpullover. Ein Schnitt ins Gewebe macht die Öffnung größer, es geht schneller.
Aber: Die Hilfe mit der Schere ist umstritten. Denn ohne Schnitt kann das Gewebe zwar reißen, aber nur genauso viel, wie es sein muss, um das Babyköpfchen durchzulassen. Sorgfältig genäht heilt der Riss oft sogar besser als der Schnitt.
Der ELTERN-Rat für Dich: Frage in Deiner Geburtsklinik nach den Dammschnitt-Raten. Du merkst gleich, ob man sie bereitwillig nennt oder herumdruckst. Und: Sage im Kreißsaal, dass Du es ohne Dammschnitt versuchen möchtest. Dein Wunsch wird so weit es geht respektiert.
10. Sich Ruhe gönnen nach der Geburt, weil Du Dein Kind dann besser kennenlernst
Zum Glück kommen über 95 Prozent aller Babys gesund zur Welt und brauchen in den ersten Lebensstunden keine medizinische Hilfe. Also alle Zeit der Welt, das Kleine in Ruhe kennenzulernen? Leider nicht. Meist werden die jungen Eltern schon etwa eine halbe Stunde nach der Geburt aus dem Kreißsaal „vertrieben“. Vor allem, weil der Raum für das nächste Paar hergerichtet werden muss. Natürlich ist es auch auf der Wochenstation kuschelig, aber die Unterbrechung für den Weg dorthin stört. Zudem sind Einzelzimmer auf Wochenstationen rar. Meist bekommen sie Privatpatientinnen. Schade, wenn Du den Zauber der ersten Stunden mit wildfremden Menschen teilen musst.
Der ELTERN-Rat für Dich: Die Hebammen sind meistens ehrlich, wenn Dunachfragst, wie viel Zeit man Dir nach der Geburt lässt. Eine Faustregel: In größeren Häusern mit sechs bis acht Kreißsälen ist die Chance größer, dass Du nicht gleich raus musst. Gibt’s dagegen nur ein oder zwei Gebärzimmer, wollen die Hebammen meist schneller Platz für die neuen Frauen in den Wehen haben.