Über ein Jahr lang hat sich RTL-Reporter Ralf Herrmann als Hebamme versucht. Er war bei Geburten im Klinikum dabei, durfte eine Beleghebamme in ihrem Alltag begleiten und in der Hochschule für Gesundheit in Bochum Praxisübungen in der Hebammenschule durchführen – und: Eine Frau erklärt sich sogar dazu bereit, ihn als ihre Hebamme bei ihrer Geburt dabei zu haben. Sein Antrieb für das Projekt? Der Hebammenmangel, der in Deutschland seit Jahren diskutiert wird.
Die Reportage "Ralf, die Hebamme", ist heute, den 13. Juli, um 20:15 Uhr auf RTL zu sehen. Die Reportage ist vor einem Jahr erstmalig erschienen und wird heute wiederholt.
Was hat den 41-Jährigen in seiner Zeit als Hebamme am meisten überrascht? Wir haben nachgefragt:
1. Nicht ziehen, heben!
"Als ich an der Hochschule für Gesundheit in Bochum war, um die Praxis an Puppen zu lernen, habe ich erst verstanden, worum es ursprünglich bei dem Begriff 'Hebamme' geht. Da stand ich nämlich neben Professorin Nicola Bauer, bei der ich mitmachen durfte und habe bei der Simulation dann gefragt: 'Und ich soll jetzt irgendwie ziehen oder wie?' Und sie meinte dann: 'Nein, nein. Nicht ziehen, heben!' Also: Das Wort Hebamme kommt von heben. Und das war ein interessanter Punkt, den ich so noch nicht wusste."
2. Eine Geburt ohne medizinische Hilfe
"Was mich wirklich überrascht hat über Geburten, ist die Thematik Alleingeburt. Unter dem Hashtag findet man bei Instagram viele Videos und Bilder. Und zuerst war ich ehrlich gesagt echt schockiert, auch weil ich das überhaupt nicht verstanden habe. Also: Warum lassen sich manche Frauen nicht helfen? Mein Gedanke war eher: 'Oh Gott, bitte noch nicht mal zu Hause, sondern lieber im Krankenhaus.' Da sind immerhin noch Ärzte, aber ganz ohne Hilfe?
Ich habe dann eine Frau bei Instagram kennengelernt, die eine solche Geburt vor sich hat, die Karin. Also so ganz alleine. Und dann bin ich in die Schweiz gefahren, in so eine tolle Berghütte. Da lebt Karin mit ihrem Partner – und ich bin da schon auch ein bisschen mit Vorurteilen hingegangen. Doch als ich dann angekommen bin, waren sie schon nicht mehr nur zu zweit, sondern schon zu dritt.
Karin hat mir dann von der Geburt erzählt. Die beiden hatten sie gefilmt und ich durfte sie als Allererster sehen. Diese Stunden, die ich bei den beiden am Bett saß, die haben mit mir etwas gemacht, die Sicht auf die Dinge geändert und ich konnte sie viel besser verstehen mit ihrer Entscheidung."
3. Eine Geburt ohne Krankenhaus
"Schwangere und Hebammen kennenzulernen, die auch Hausgeburten machen. Das war für mich etwas sehr Überraschendes. Die sagen: 'Das kann man auch zu Hause machen.' Für mich war immer bei dem Thema Geburt ganz klar: Die findet im Krankenhaus statt. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, das woanders stattfinden zu lassen. Denn da sind ja schließlich die Ärzte in der Nähe, wenn irgendetwas ist. Als mir dann gesagt wurde: 'Ralf, du darfst die Hebamme von Kathi sein, die ihr zweites Kind jetzt per Hausgeburt zur Welt bringen möchte', da war das für mich wirklich eine Nummer. Denn da muss man natürlich richtig fit sein und einiges lernen als Hebamme, um eine zu sein, die das auch kann."
4. Geburtsstress fürs Baby
"Ich war im Kreißsaal bei einem Kaiserschnitt dabei, bei dem das Kind direkt nach der Geburt nicht sofort reagiert hat. Es musste dann sofort zum Kinderarzt-Team und kam dann zum Glück auch schnell wieder zu sich. Da waren wir wirklich alle total erleichtert. Danach hat mir die leitende Hebamme dann aber erklärt, und das fand ich super überraschend, dass das Kind beim Kaiserschnitt eben nichts darauf vorbereitet, dass es jetzt geboren wird: Es gibt keine Wehen, sondern das Kind ist ganz normal in der Fruchtblase und zack! – soll es plötzlich da sein. Sie sagte, das Kind habe sich deshalb ein bisschen erschreckt.
Bei einer natürlichen vaginalen Geburt wird das Kind dagegen super vorbereitet: Die Wehen gehen los, das Zusammenziehen, das Entspannen. Dabei wird das Wasser aus der Lunge des Babys herausgedrückt und es bekommt auch das Mikrobiom, eine Bakteriendusche, die quasi wie eine Erstimpfung ist. Das ist ein Punkt, der mich auf jeden Fall überrascht hat. Dieser Unterschied für ein Kind, ob es jetzt per Kaiserschnitt zur Welt kommt oder durch eine vaginale Geburt, das war mir gar nicht klar."
5. Hebamme ist nicht gleich Hebamme
"Ich bin nicht auf die Idee gekommen, dass es Unterschiede in der Hebammen-Betreuung gibt. Vor allem bei dem Punkt der Vor- und Nachsorge. In der Regel sind die Hebammen dort gar nicht diejenigen, die bei der Geburt dabei sind. Das ist nur in wenigen Fällen so: Wir reden da bei den außerklinischen Geburten von unter zwei Prozent, die beispielsweise zu Hause oder in Geburtshäusern stattfinden – oder eben von der Betreuung durch Beleghebammen, die die Vor- und Nachsorge zu Hause machen und später auch mit ins Krankenhaus kommen können. Denn sie haben einen entsprechenden Vertrag mit dem Krankenhaus abgeschlossen.
Nur wenn es so kommt, hat die Schwangere in der Klinik tatsächlich eine Eins-zu-eins-Betreuung und nichts mit den Hebammen vor Ort zu tun. Das hat mich total überrascht, dass es die Regel ist, dass Frauen erst einmal froh sein können, dass sie überhaupt eine Hebamme für die Vor- und Nachsorge haben. Und außerdem, dass im Krankenhaus eben die Hebamme dabei ist, die gerade Schicht hat. Bei der Geburt kann es sogar sein, dass es noch zu einem Schichtwechsel oder sogar zwei Schichtwechseln kommen. Beispielsweise beim ersten Kind, bei dem es durchaus eine Weile dauern kann. Eine vollständige Begleitung ist also eher selten."
RTL-Reportage: Ralf, die Hebamme
Über ein Jahr lang hat sich Ralf mit dem Thema Geburt und Geburtshilfe beschäftigt, Kurse gemacht, war selbst bei Geburten im Kreißsaal dabei und hat eine Schwangere persönlich auf ihrem Weg begleitet. Ob es der TV-Reporter am Ende tatsächlich schafft, als Hebamme einem Kind auf die Welt zu helfen, seht ihr am 13. Juli 2023 um 20:15 Uhr bei "Ralf, die Hebamme" bei RTL – oder später auf RTL+. Inzwischen hat Ralf sich außerdem in das Leben einer Alleinerziehenden hineinversetzt. Der Film "Ralf, die Alleinerziehende" ist ebenfalls auf RTL+ zu sehen – das Interview findest du hier: