Positive Glaubenssätze können uns nicht nur bei der Arbeit, im Umgang mit Mitmenschen oder bei anderen Herausforderungen stärken und unser Selbstbewusstsein stützen. Auch im Kreißsaal können sie hilfreich für schwangere Frauen sein, wie jetzt ein Forschungsteam festgestellt hat.
Welche Kraft können Glaubenssätze auslösen?
In dem Fachmagazin European Journal of Social Psychology wurden kürzlich die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die viele (und insbesondere Schwangere oder werdende Eltern) interessieren könnte. Durchgeführt wurde sie von Dr. Lisa Hoffmann, Prof. Dr. Rainer Banse und Dr. Norbert Hilger vom Institut für Psychologie der Universität Bonn. Anhand einer Längsschnittstudie mit rund 300 Teilnehmerinnen wollten sie herausfinden, wie stark das eigene Mindset und Glaubenssätze den Geburtsverlauf beeinflussen können.
Ängste, Selbstwert und Mindset vor der Geburt
Das Team befragte die Studienteilnehmerinnen ab der ersten Hälfte der Schwangerschaft bis sechs Monate nach der Geburt zu ihren Einstellungen, Annahmen und Erfahrungen. Über ein Online-Tool wurden die Schwangeren über ihre Ängstlichkeit, ihren Selbstwert, ihre Selbstwirksamkeit sowie ihr Mindset befragt. Zudem erkundigte sich das Forschungsteam einige Wochen vor der Geburt, ob Risiken während der Schwangerschaft aufgetreten waren und wo die Entbindung stattfinden sollte.
Gemütszustand und Wohlbefinden nach der Geburt?
In der ersten Woche nach der Geburt wurde das subjektive Erleben der Geburt erfragt und ob medizinische Eingriffe durchgeführt wurden. Über mehrere Wochen schrieben die Teilnehmerinnen Tagebücher und füllten wöchentlich Fragebögen aus. Hierbei ging es um den Gemütszustand, das Wohlbefinden und das Stillen des Babys. Knapp acht Wochen nach der Entbindung fokussierten sich die Fragen auf Symptome von Depression oder posttraumatischem Stress. Abschließend wurden sechs Monate nach der Geburt Fragen zu der Mutter-Kind-Bindung gestellt.
Studienergebnisse
Die Psycholog:innen fanden heraus, dass eine Geburt als natürlicher Vorgang oder als medizinisches Ereignis betrachtet werden kann. Dies hänge laut Dr. Lisa Hoffmann vom Mindset ab. "Mindsets sind als eine Art mentale Brille zu verstehen, die die Wahrnehmung unserer Umwelt lenken und unser Verhalten beeinflussen können." Sie erklärt, dass das Mindset der Schwangeren einen Effekt darauf haben kann, ob die Geburt später eher interventionsarm oder -reich verläuft.
Fazit: Wenn Frauen eine Geburt als einen natürlichen Vorgang betrachten, benötigen sie seltener Schmerzmittel, einen Kaiserschnitt oder medizinische Unterstützung bei der Entbindung und hatten als Folge ein positiveres Erleben und Empfinden nach der Geburt. Eine gute Einstellung und positive Glaubenssätze könnten demnach wirklich einen Einfluss auf den Geburtsverlauf haben. Und auch Wochen danach waren bei den Teilnehmer:innen der Studie weniger Probleme mit Depressionen oder posttraumatischem Stress zu beobachten.
26 Glaubenssätze, die dir Mut und Kraft für die Geburt schenken

Sichere Bindung zum Kind
Laut der Forschenden hat die eigene Einstellung demnach einen Effekt auf den Geburtsverlauf. Würden bei der Entbindung weniger medizinische Eingriffe stattfinden, hätte dies ein positiveres Geburtserleben zur Folge. Dies hätte wiederum Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Mutter und Kind, laut der Psycholog:innen. Und alles zusammen könne bei einem positiven Verlauf zu einer sichereren Mutter-Kind-Bindung führen.
Die Psychologin betont allerdings auch, dass es kein "gutes" (natürliches) und kein "schlechtes" (medizinisches) Mindset gibt. Laut Hoffmann sollten Gebärende in ihren unterschiedlichen Mindsets unterstützt werden, um ihnen ein positives und selbstbestimmtes Geburtserlebnis zu ermöglichen.
Bei vielen schwangeren Frauen löst der Gedanke an die bevorstehende Geburt Stress oder sogar Angst aus. Daher ist es nicht immer leicht, ein positives Mindset zu haben. Jede Schwangerschaft ist anders sowie jede Geburt auch. Mit diesem Artikel möchten wir keinen Druck aufbauen, sondern alle Schwangeren auf ihrem Weg begleiten und ermutigen. Hilfreiche Tipps für die Geburtsvorbereitung findet ihr hier.
Verwendete Quellen: onlinelibrary.wiley.com, uni-bonn.de, idw-online.de,