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Geburtswehen – also die Kontraktionen der Gebärmutter unter der Geburt – kommen üblicherweise in regelmäßigen Abständen mit Wehenpausen. So hat die werdende Mutter zwischen den Wehen die Gelegenheit, ein wenig Kraft zu sammeln. Bei einem Wehensturm ist das anders: Bei dieser Komplikation bleibt den Frauen keine Pause zum Verschnaufen. Lies hier alles über Definition, Ursachen und Therapie.
Was ist ein Wehensturm?
Ein Wehensturm – in der Geburtshilfe als hyperaktive Wehen oder uterine Hyperaktivität bezeichnet – kennzeichnet sich durch zu starke und/oder zu häufige Wehen während der Geburt.
An diesen drei Symptomen lässt sich ein Wehensturm während der Geburt erkennen:
- Es kommt zur Tachysystolie: Die gebärende Frau hat mehr als 4 bis 5 Wehen pro 10 Minuten (als normal gelten 3 pro 10 Minuten).
- Die Wehen gehen mit einem hohen Druck in der Gebärmutter einher – und sind daher besonders schmerzhaft.
- Es kommt zu Dauerkontraktionen mit einer Wehendauer von mehr als 60 Sekunden.
Ob es sich um einen Wehensturm handelt, lässt sich auf dem Wehenschreiber (Tokogramm) erkennen: Hier werden während der Geburt sowohl die Häufigkeit als auch die Stärke der Wehen aufgezeichnet. Außerdem fühlt sich der Bauch bei einem Wehensturm dauerhaft sehr hart und angespannt an.
Wie fühlt sich ein Wehensturm an?
Dass Geburtswehen schmerzhaft sind, ist wohl klar. Doch üblicherweise findet zwischen den einzelnen Kontraktionen eine Wehenpause statt – hier verspürst du normalerweise keine Schmerzen und dein Uterus ist entspannt. Bei einem Wehensturm ist das anders: Durch die dauerhaften Wehen lässt der Wehenschmerz überhaupt nicht mehr nach und der Uterus ist durchgehend angespannt. Das kann zu Panik, Verkrampfung oder Angst führen. Außerdem sind die Kontraktionen bei einem Wehensturm übermäßig stark – die Schmerzen sind also stärker als bei normalen Wehen. Viele Frauen berichten zudem von einem sehr schmerzhaften Druck auf den Muttermund bei einem Wehensturm.
Wie genau sich ein Wehensturm bei der Geburt für dich anfühlt, kann aber nicht vorhergesagt werden. Die Wahrnehmung des Geburtsschmerzes ist sehr individuell und jeder hat ein anderes Schmerzempfinden.
Was verursacht die dauerhaften Kontraktionen?
Es kann passieren, dass sich kein erkennbarer Auslöser für einen Wehensturm ausmachen lässt – hyperaktive Wehen können auch spontan während einer Geburt auftreten. Oft steckt aber eine Störung im Geburtsablauf dahinter, die von Hebammen, Ärzten und Ärztinnen schnell erkannt werden kann.
Das sind die möglichen Ursachen für einen Wehensturm:
- Überdosierung bei medikamentöser Einleitung: Eine zu hohe Dosis an wehenfördernden Prostaglandinen oder Oxytocin kann bei einer Einleitung zu einer Überstimulierung der Gebärmutter führen.
- Kopf-Becken-Missverhältnis: Es besteht ein Missverhältnis zwischen dem Kopf deines Babys und deinem Becken – es passt nicht hindurch.
- Einstellungsanomalien: Dein Baby liegt nicht optimal im Becken (z. B. bei Sternenguckern oder einer Schulterdystokie) und kommt so nicht gut voran.
- Verspannungen und Unruhe: Du bist unruhig, sehr ängstlich und verkrampft.
- Zervixdystokie: Dein Muttermund öffnet sich trotz Wehentätigkeit nicht oder nicht ausreichend.
- Vorzeitige Plazentaablösung: Deine Plazenta löst sich teilweise oder ganz von deiner Gebärmutterwand ab, bevor dein Baby geboren ist.
- Zu viel körpereigenes Oxytocin: Dein Körper schüttet zu viel des wehenfördernden Hormons aus; oft infolge eines Blasensprungs (Amniotomie) oder aufgrund von zu vielFruchtwasser (Polyhydramnion).
- Wehencocktail mit Rizinusöl: Rizinusöl kann zu einer Überstimulierung der Gebärmutter führen.
Verursacht das Medikament Cytotec einen Wehensturm?
Cytotec ist ein Arzneimittel, das ursprünglich zur Behandlung von Magengeschwüren verwendet wurde. Es enthält den wehenfördernden Wirkstoff Misoprostol – ein Prostaglandin – und wird daher auch zur Geburtseinleitung genutzt. Offiziell hat Cytotec keine Zulassung für den Einsatz in der Geburtsmedizin und wird daher als Off-Label-Use, also im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit, bei Geburten eingesetzt.
In den vergangenen Jahren gerieten Cytotec und Misoprostol allerdings zunehmend in Verruf: Geburtskomplikationen und Wehenstürme stehen mit der Gabe des Wirkstoffes als häufige Nebenwirkungen in Verbindung. Studien haben allerdings gezeigt, dass Cytotec und das Prostaglandin Misoprostol bei richtiger Dosierung sicher für die Geburtseinleitung sind – und verglichen mit anderen Medikamenten zur Geburtseinleitung seltener zu Kaiserschnitten führen. Trotzdem: Cytotec wird vom deutschen Markt verschwinden, darauf haben sich die Hersteller mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geeinigt.
Sind die hyperaktiven Wehen gefährlich?
Ein Wehensturm ist nicht nur äußerst kräftezehrend und schmerzhaft, sondern birgt auch Gefahren für Mutter und Kind. So führt ein Wehensturm häufig zu einer verminderten Durchblutung der Plazenta, was wiederum zu einer akuten Plazentainsuffizienz – also einem Sauerstoffmangel beim ungeborenen Baby führen kann.
Außerdem reagiert die fetale Herzfrequenz häufig ungünstig auf den Wehensturm: Die Herzfrequenz des Kindes kann unter den hyperaktiven Wehen absinken (Dezeleration) und es kann zu einem verlangsamten Herzschlag (Bradykardie) oder einem sehr schnellen Herzschlag (Tachykardie) kommen.
Für die Mutter erhöht sich durch hyperaktive Wehen die Gefahr für eine Uterusruptur: Die Gebärmutterwand kann einreißen. Begleitende Komplikationen bei einem Gebärmutterriss sind eine Überdosierung von wehenfördernden Medikamenten, ein Geburtsstillstand mit gleichzeitigem Wehensturm oder Narben (z. B. nach einem vorherigen Kaiserschnitt). Daher werden Frauen, die eine natürliche Geburt nach einem Kaiserschnitt (VBAC) planen und eingeleitet werden müssen, besonders engmaschig überwacht. Bei ihnen ist das Risiko für eine Ruptur des Uterus erhöht. Eine Uterusruptur gilt als Notfall in der Geburtshilfe, kommt aber nur sehr selten vor.
Was hilft bei einem Wehensturm?
Um den Wehensturm zu bändigen, gibt es verschiedene Maßnahmen, die sich am Zustand von Mutter und Kind orientieren. Ziel ist es, die Wehentätigkeit zu normalisieren und effektive Wehen mit guter Plazentadurchblutung zu erreichen.
Besteht während der Geburt keine akute Gefährdung und ist die Herzfrequenz des Kindes im CTG unauffällig, kann mithilfe deiner Hebamme Folgendes versucht werden:
- Entspannungsbad
- Kreuzbeinmassage
- angeleitetes, ruhiges Atmen
- Akupunktur
- Einreiben des Bauches mit ätherischen, wehenhemmenden Ölen
Zeigt das CTG negative Veränderungen an und ist dein Baby akut gefährdet, muss der Wehensturm medikamentös behandelt werden. Hierzu wird dir von Arzt, Ärztin oder Hebamme ein Medikament, das die Wehentätigkeit hemmt (Tokolytikum), verabreicht. Hilft alles nichts und gerät dein Baby trotz Tokolytikum zu sehr unter Stress, werden die Ärzte und Ärztinnen ein Not-Kaiserschnitt durchführen.
Lesetipp: Du möchtest dich mit Hilfe von Hypnose auf deine Geburt vorbereiten? Dann erfährst du hier alles über Hypnobirthing.
Quellen:
- Stiefel, Andrea et al. (Hrsg.): Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf, 5. Auflage, Hippokrates Verlag, Stuttgart 2013.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Wehensturm, zuletzt aufgerufen am 15.01.2023.
- Deutsche Gesellschaft für Geburthilfe und Gynäkologie et. al.: S2k-Leitlinie Geburtseinleitung, zuletzt aufgerufen am 15.01.2023.