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Risikoschwangerschaft Was bedeutet dieser Vermerk im Mutterpass für mich?

Risikoschwangerschaft: Was bedeutet dieser Vermerk im Mutterpass für mich?
© stevanovicigor / iStock
Etwa 80 Prozent aller werdenden Mütter bekommen heute den Vermerk "Risikoschwangerschaft" im Mutterpass eingetragen. Warum eigentlich? Welche Faktoren gelten als Risiko? Und was bedeutet das für die Schwangeren? Wir haben die Antworten.

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Kein schönes Wort, das aber immer mehr Schwangere zu hören bekommen: "Risikoschwangerschaft". Nur eine von fünf Schwangeren trägt mittlerweile in Deutschland ihr Kind ohne ein vom Arzt vermerktes Risiko aus. Das Ergebnis ungesunder Lebensweise? Wohl kaum. Dann hätte der Prozentsatz bei unseren Müttern und Großmüttern noch wesentlich höher sein müssen.

Dr. med Annette Klöpper, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Psychotherapie

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Dr. med. Annette Klöpper geprüft.

Was ist eine Risikoschwangerschaft?

Ursprünglich steckte eine gute Idee hinter dem Fragenkatalog, mit dem mögliche Schwangerschaftsrisiken erfasst werden sollen. Die Ärztin oder der Arzt fand mit Hilfe der Fragen heraus, auf welche Frauen sie besonders gut aufpassen mussten und für welche die normale Vorsorge genügte. Die Antworten werden übrigens im Mutterpass eingetragen.

Damit du nicht erschrickst, falls du gleich nach der Bestätigung der frohen Botschaft in diese Kategorie eingeordnet wirst, haben wir dir hier die wichtigsten Fakten zur Risikoschwangerschaft zusammengestellt.

Risikoschwangerschaft: Was bedeutet dieser Vermerk im Mutterpass für mich?

Welche Faktoren gelten als Risikoschwangerschaft?

Ursprünglich gab es 17 identifizierte Risikofaktoren – mittlerweile sind es stattliche 52. Dazu gehören unter anderem:

Treten nur zwei dieser Umstände gemeinsam auf, machen sie die Frau bereits zu einer Risikoschwangeren. Ob jedoch wirklich Gefahr droht, kann niemand mit Bestimmtheit sagen.

Was bedeutet es für mich, wenn eine Risikoschwangerschaft vorliegt?

Zunächst einmal bedeutet der Vermerk "Risikoschwangerschaft" nur, dass deine Ärztin oder dein Arzt die Vorsorge-Untersuchungen besonders sorgfältig durchführen (zuerst alle vier Wochen ein Termin, im letzten Schwangerschaftsdrittel sogar alle zwei) und bei Bedarf mit zusätzlichen Tests ergänzen wird.

Auch deine Geburtsklinik kann aus den Hinweisen auf eine Risikoschwangerschaft ablesen, ob wegen möglicher Komplikationen bei der Entbindung spezielle Vorsichtsmaßnahmen nötig werden können. Oder ob damit gerechnet werden muss, dass dein Baby besondere medizinische Betreuung braucht.

Wer zahlt die häufigeren Untersuchungen während einer Risikoschwangerschaft?

Keine Sorge! Bei einer Risikoschwangerschaft übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen selbstverständlich die Kosten für die häufigeren Untersuchungen.

Verdienen Ärzte und Kliniken an einer Risikoschwangerschaft?

Sicher wird keine Gynäkologin und kein Gynäkoge seine Patientin als Risikoschwangere einstufen, bloß um an ihr verdienen zu können. Fakt ist aber: Werdende Mütter mit dem Stempel "Risikoschwangerschaft" können öfter in die Praxis bestellt werden – die Kassen erstatten ja die Kosten. Und: Die Stellenberechnung für das medizinische Personal an Geburtskliniken hängt davon ab, wie viele Risiko-Geburten dort stattfinden.

Warum gilt bei Frauen ab 35 Jahren automatisch die Risikoschwangerschaft?

Bei Frauen ab 35 Jahren sprechen Frauenärzt:innen ganz automatisch von einer Risikoschwangerschaft – egal, wie fit die werdende Mutter ist. Hergeleitet wird das jedoch vor allem aus der Statistik heraus: So haben ältere Schwangere – rein statistisch gesehen – ein etwas höheres Risiko, im Laufe der Schwangerschaft wegen Komplikationen wie etwa einer Gestose oder eines Schwangerschaftsdiabetes behandelt zu werden.

Und: Die Kinder später Mütter sind häufiger von Chromosomenstörungen betroffen. Das heißt, sie bekommen entweder zu viel oder zu wenig Erbinformation mit. Die bekannteste Abweichung ist das Down-Syndrom (oder Trisomie 21), bei der ein Kind drei statt zwei Chromosomen 21 besitzt. Die Wahrscheinlichkeit für ein Kind mit Down-Syndrom steigt mit zunehmendem Alter: Bei einer 35-jährigen Frau liegt das Risiko, ein Kind mit diesen Chromosomen zur Welt zu bringen, bei 1:356, bei einer 20-Jährigen liegt es bei 1:1500.

Da solche Gen-Defekte mit Hilfe der Pränataldiagnostik erkannt werden können, sind Ärzte übrigens verpflichtet, alle Schwangeren unabhängig vom Alter über die Möglichkeiten und Risiken dieser Untersuchungen aufzuklären. Die Entscheidung für oder gegen solche Untersuchungen liegt allein bei der Frau.

Wieso werden auch besonders junge Mütter als Risikoschwangere eingestuft?

Ist eine Schwangere jünger als 18 Jahre, erhält sie ebenfalls automatisch den Vermerk Risikoschwangerschaft. Ärzt:innen möchten sie besonders gut beobachten, da in solch jungen Jahren die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen, wie zum Beispiel vorzeitige Wehen oder Frühgeburt, erhöht ist. Auch eine Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie) tritt bei unter 18-Jährigen häufiger auf.

Wie reagiere ich, wenn bei mir eine Risikoschwangerschaft vermerkt wird?

Ganz wichtig: Genieße deine Schwangerschaft! Dr. Edith Bauer, Frauenärztin und Psychotherapeutin im Ruhestand, sagt:

  • Du entscheidest, wie viel Medizin du zulässt! Ein Kind zu erwarten ist etwas Natürliches. Versuche, nach dieser Grundhaltung zu leben.
  • Vertraue deinem Körper! Proportional zur anwachsenden medizinischen Vorsorge steigt das Sicherheitsbedürfnis werdender Mütter. Doch 97 Prozent der Kinder kommen gesund zur Welt. Dazu trägt ärztliche Vorsorge höchstens einen kleinen Teil bei.
  • Suche dir eine Ärztin, die mit der Hebamme kooperiert und nicht konkurriert! Viele gute Ärztinnen und Ärzte arbeiten mit Hebammen gleichberechtigt zusammen. Ich persönlich mache das seit über zwanzig Jahren und habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Wir bieten wechselnde Termine an, die Schwangeren können sich aber auch nur ärztliche oder nur Hebammenbetreuung wünschen.
  • Dein Arzt sollte sich wirklich für dein Befinden interessieren und nicht nur Befunde abhaken! Gute seelische Betreuung ist in der Schwangerschaft genauso wichtig wie vernünftige medizinische Vorsorge.

Kann die Einstufung als Risikoschwangerschaft auch wieder zurückgenommen werden?

Ja. Eine vorerst als Risikoschwangere eingestufte Frau kann im Laufe der Schwangerschaft durchaus wieder auf "normal" zurückgestuft werden. Zum Beispiel, wenn sich die Blutungsneigung gelegt hat.

Wie gehen andere Länder mit einer Risikoschwangerschaft um?

Andere Länder (etwa unsere niederländischen Nachbarn) sind da flexibler: Hier liegt die Schwangeren-Vorsorge in erster Linie in den Händen der Hebamme. Erkennt sie einen Faktor für eine Risikoschwangerschaft (zum Beispiel hohen Blutdruck), schickt sie die werdende Mutter für weitere Vorsorge und Behandlung zum Frauenarzt. Ist die Gefahr nach einiger Zeit vorbei, wird das im Mutterpass eingetragen und die Schwangere geht wieder als normale Patientin zur Hebamme. 

Das Ergebnis: In Holland (und auch in den skandinavischen Ländern, die ein ähnliches System haben) gibt es deutlich weniger Risikoschwangerschaften als bei uns. Und das Ziel – gesunde Mutter, gesundes Baby – wird auch ohne Risikokatalog genauso oft erreicht.

Quellen:

ELTERN

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