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Freude, Glück, Liebe, sind Gefühle, die Menschen mit der Verkündung einer Schwangerschaft verbinden. Und Angst. Nur dass letztere weniger gern thematisiert wird als ihre positiven Mitbewerber. Schließlich gilt das neue Wesen noch immer als kleines Wunder, das man selbst zur Welt bringt – und über das man sich zu freuen hat.
Angst vor der Schwangerschaft? Du bist nicht alleine
Viele Frauen verspüren Nervosität vor einer Schwangerschaft, den Veränderungen des Körpers und der Geburt. Das ist in dieser turbulenten Zeit völlig normal – doch bei manchen Frauen ist diese Sorge ausgeprägter als bei anderen. Sie entwickelt sich zu einer wahrhaftigen Angst. "Das passiert häufiger als man denkt", weiß Jana Friedrich. Sie ist seit mittlerweile über 20 Jahren Hebamme, betreut Frauen und Familien in einer der wohl aufregendsten Zeiten ihres Lebens.
"Ich habe auf meinem Blog mal einen Artikel dazu geschrieben und es ist der Wahnsinn, wie viel der immer noch kommentiert wird. Frauen finden sich wieder und sind ganz glücklich", verrät Jana Friedrich im Interview mit BRIGITTE.de. Denn mit dem Wissen, dass die Angst vor einer Schwangerschaft existiert, kommt die Erleichterung, nicht alleine mit ihr zu sein. Und wie es so oft mit Ängsten ist – spricht man sie aus, thematisiert sie und lässt sie damit real werden, schrumpfen sie plötzlich auf Normalgröße an. Nur dass der Weg dahin nicht immer einfach ist, wie die Hebamme weiß. Sie hat in ihrer Laufbahn vor allem zwei Ängste bei werdenden Müttern oder sogar noch vor einer Schwangerschaft beobachtet.
2 Ängste – und beide haben mit Veränderungen zu tun
Im eigenen Körper entwickelt sich ein neues Leben. Was für manche die Definition des Glücks bedeutet, beschert anderen Bauchschmerzen – und das schon bei dem Gedanken daran: "Eine Angst ist die vor den körperlichen Veränderungen. Diese Frauen finden es oft sehr gruselig, dass etwas Lebendiges in ihnen wächst", erklärt Jana Friedrich. Der wachsende Bauch, die ersten Bewegungen, auf die andere Eltern sehnlichst warten, jagen werdenden Müttern bei dieser Form eine wahnsinnige Furcht ein.
Doch dann gibt es noch eine andere Seite, eine Angst vor den unsichtbaren Veränderungen, die eine Schwangerschaft mit sich bringt. "Manche Frauen haben Angst, dass sich ihr Leben verändert", beschreibt die Hebamme eine weitere Angstform, bei der es mehr um den Verlust der Selbstständigkeit geht: "Sie fürchten, in die Mutterrolle gepresst zu werden und die Verantwortung. Dass nur die Frau das Kind kriegen kann, macht das Ganze ja schon etwas ungleich. Man ist allein aufgrund der körperlichen Begebenheiten die, die erst einmal aussetzen muss."
Hier sei die Gesellschaft zwar schon viel fortgeschrittener als früher, doch noch heute zeigten sich viele Unternehmen großzügiger gegenüber Frauen, was die Elternzeit angeht. Jana Friedrich kann die damit verbundene Angst verstehen: "Dann stand man fest im Berufsleben und plötzlich sitzt man da und die eigene Karriere liegt auf Eis und man ist zu Hause. Das kann eine wunderschöne, aber auch schreckliche Vorstellung sein."
Wie Ängste rund um die Schwangerschaft bekämpft werden können
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Beide Ängste müssen einer Schwangerschaft nicht im Weg stehen. Steht die Angst vor der klassischen Rollenverteilung im Fokus, hilft manchmal schon ein klärendes Gespräch, um zu beruhigen: "Es ist sehr wichtig, sich mit dem Partner oder der Partnerin auszutauschen, wie die Perspektiven für beide sind und was man schon früh machen kann, um nicht in eine Rolle zu rutschen", rät Jana Friedrich.
Geht es um die körperliche Angst, ist oft professionelle Hilfe nötig. "Die negativen Gefühle, die man hat, sind real und extreme Ängste können zu einer Krankheit werden", weiß die Hebamme und rät zu psychologischer Beratung. Dabei kann der Angst auf den Grund gegangen – und sie gelöst werden.
Zuletzt gibt es noch eine Sache, die Jana Friedrich werdenden Müttern mit auf den Weg geben möchte: "Ich glaube, dass man viel erreicht, wenn man mit der Hebamme und anderen Müttern spricht." Denn insbesondere rund um die Geburt schüren sich noch einmal neue Ängste.
Die Geburt ist ein existenzielles Erlebnis
Deswegen sollten zum Ende der Schwangerschaft positive Geburtsberichte im Fokus stehen. Denn ja, es gibt sie, Frauen, die schöne Geburten hatten – und davon eine ganze Menge. Jana Friedrich hat ihren Geschichten sogar ein ganzes Buch gewidmet, das passenderweise den Titel "Jede Geburt ist einzigartig" trägt. Und genau das möchte sie auch anderen Frauen vermitteln: "Eine Geburt ist ein existenzielles Erlebnis – aber es ist auch nur ein Tag und er geht vorbei. Man kann es als eine persönliche Herausforderung sehen, als wenn man bei Olympia teilnimmt!", erzählt die Hebamme und erinnert sich dabei auch an ihre eigenen Geburten. Nach beiden blieb ein unglaubliches Gefühl von Stolz zurück. Denn Frauen sollten nie vergessen, welche Stärke sie eigentlich in sich tragen:
Man sollte auf sich selbst vertrauen. Denn das vergisst man oft: Die Geburt ist etwas Natürliches. Frauen haben schon immer Kinder bekommen, das ist ganz normal. Und heutzutage ist es so sicher wie nie!
Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.
