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Jana Friedrich im Interview Wenn Hebammen Kinder kriegen: "Boah, das habe ich jetzt aber gerockt!"

Mutter und Baby
© isayildiz / iStock
Wie ist das eigentlich, wenn Hebammen Kinder kriegen? Das weiß Jana Friedrich. Sie ist Hebamme und Mutter zweier Kinder. Uns verrät sie, wie Hebammen die eigene Geburt wahrnehmen und warum die Doppel-Rolle gar nicht so einfach ist.

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Wie sagt man so schön? Der Bäcker ist die Brötchen leid, der Koch das Kochen und die Hebamme... die Geburt? Wer seine Leidenschaft zum Beruf macht, will in der Freizeit oftmals nichts mehr davon wissen. Für Hebammen gilt dieses Sprichwort glücklicherweise nicht. Denn Kinderkriegen ist eben nicht Brötchenbacken. Jede Geburt bleibt ein kleines, eigenes Wunder.

Aber wie ist es für eine Hebamme, selbst zur Schwangeren zu werden? Teilt man dieselben Sorgen und Freuden jeder anderen Frau? Oder kann eine Hebamme nichts mehr aus der Ruhe bringen? Das wollten wir genauer wissen und haben die Frau, Mutter und Hebamme gefragt, die es wissen muss: Jana Friedrich ist seit zwei Jahrzehnten als Hebamme für Frauen in der Schwangerschaft und im Internet auf ihrem Blog im Einsatz.

Wenn eine Hebamme Mutter wird

Vor 20 Jahren bekam Jana auch ihr erstes Kind. Ein Mädchen, das heute bereits erwachsen ist. Jana war damals 27 Jahre alt, von Geburten wusste sie eine Menge – schließlich begleitete sie solche schon damals tagtäglich in ihrem Beruf. Als sie selbst schwanger wurde, war die Aufregung trotzdem groß. Im Interview mit BRIGITTE.de verrät sie, wie die Arbeit als Hebamme ihre Geburten beeinflusst hat und andersherum!
 



Wie bist du zu deinem Beruf gekommen, liebe Jana?
"Ich komme aus einer sehr alternativen Familie und ich habe teilweise mit meiner Mutter, die alleinerziehend mit mir war, in einer Frauen-WG gewohnt, wir waren sehr früh sehr emanzipiert.
Deswegen war es für mich glaube ich klasse, so einen Beruf zu haben, wo ich einfach für Frauen einstehe, das ist so mein Ding.“

Wie alt sind deine Kinder?
"Meine Tochter ist 20, mein Sohn ist 13. Mit 26 war ich das erste Mal schwanger, mit 27 habe ich meine Tochter bekommen. Sechs Jahre später meinen Sohn.“

Man hat das Vertrauen, dass der Körper das schon macht

Und wie war es, als du das erste Mal schwanger warst?
"Da war ich schon Hebamme. Also ich wusste im Prinzip, wie der Ablauf ist. Aber man ist natürlich, wenn man selber schwanger ist, genauso. Man hat dieselben Unsicherheiten und Fragen. Man hat eine Idee, was auf einen zukommt. Aber wie es einem selber dabei gehen wird, das weiß man natürlich trotzdem nicht.“

Hat dir dein Wissen Angst gemacht oder genommen?
"Genommen, absolut. Ich glaube, umso mehr man sieht, wie unglaublich gut das Zusammenspiel von Körper und Hormonen funktioniert, umso mehr Vertrauen bekommt man. Mir geht es so."

Wie hast du selbst deine Geburten erlebt? Hattest du eine eigene Hebamme?
"Man braucht natürlich auch eine Hebamme, man kann ja nicht beides gleichzeitig. Mir hat es total gutgetan, einfach jemanden zu haben, der sagt, 'Hey, es ist doch alles okay, du weißt doch…‘
Mein erstes Kind, also meine Tochter, bei der wollte ich gerne eine Hausgeburt machen. Sie war aber eine Beckenendlage, lag mit dem Po unten. Nichts hat sie dazu gebracht, sich umzudrehen. Bis zum Schluss haben wir wirklich alle Mittelchen versucht, die man als Hebamme so kennt. Ich wollte sie trotzdem spontan bekommen, habe dann aber beschlossen, okay, ich gehe doch in die Klinik.

Für mich war die Geburt ein Heimspiel

Ich bin in die Klinik gegangen, in der ich auch gearbeitet habe. Ich habe eine Kollegin gefragt, ob sie mich betreuen würde. Netterweise habe ich direkt während ihrer Schicht Wehen bekommen. Dann war das in der Klinik aber auch eine wirklich schöne Geburt."
 



Glaubst du, du hast die Geburt als Hebamme anders erlebt als andere Mütter?
"Was ein bisschen witzig war: Man ist ja trotzdem Hebamme. Auch wenn man Frau ist, versucht man natürlich locker zu lassen, man möchte ja nicht aufpassen müssen. Super lustig: Als meine Tochter dann da war, war das dann so: Ich war unglaublich glücklich, habe sie dann aber in den Arm genommen und mit ganz kritischem Hebammenblick geguckt, ist sie rosig? Atmet sie auch gut? Da ging es in meinem Kopf immer so hin und her zwischen Mama und Hebamme. Das war vielleicht der einzige Unterschied. Ansonsten konnte ich mich sehr fallen lassen und meiner Hebamme vertrauen."

Das Zimmer, indem die Geburt stattgefunden hat, hatte für uns auch ganz lange etwas Magisches

Hast du einen Unterschied zwischen deinen zwei Geburten feststellen können?
"Mein zweites Kind ist zu Hause geboren worden. Da hatte ich eine Eins-zu-Eins-Betreuung on einer Kollegin. Mein Sohn lag auch erst falsch und wollte sich nicht drehen. Das hat er dann aber doch noch gemacht und ist im heimischen Schlafzimmer zur Welt gekommen, das war sehr, sehr schön."

Was sind denn für dich die Unterschiede gewesen zwischen der Hausgeburt und der Klinik?
"Bei der zweiten Geburt wusste ich: Ich bin Zuhause. Da fühlte ich mich maximal wohl. Ich wusste, ich kann machen was ich will. Dass die Hebamme zu mir nach Hause kam, das war sehr schön. Und auch dann, als mein Sohn da war: Das war so einfach! Ich bin dann kurz duschen gegangen und dann konnten wir einfach kuscheln, mussten nicht nochmal nach Hause fahren. Das Zimmer, in dem die Geburt stattgefunden hat, hatte für uns auch ganz lange etwas Magisches."

Angst ist kein guter Begleiter

Hat man als Hebamme in der Schwangerschaft auch mal Angst?
"Selbst als Kolleginnen mir dann teilweise gesagt haben, bei dir wird es bestimmt auch ein Kaiserschnitt – mit Beckenendlage und die Mutter hatte Kaiserschnitte, das ist kein guter Ausgang. Aber ich hatte irgendwie totales Vertrauen, dass alles gut ist und ich hatte ein gutes Gefühl dazu. Das macht es dann auch wahr. Angst ist natürlich nicht gut, wenn man merkt, dass man Angst hat, dann sollte man versuchen, daran irgendwie zu arbeiten. Angst ist kein guter Begleiter. Natürlich hatte ich normale Ängste: Ich habe gehofft, dass meine Kinder ganz gesund sind."

Was wäre denn für dich eine Traumgeburt?
"Ich hatte schon zwei schöne Geburten. Wenn Frauen von Traumgeburten reden, sprechen sie oft von Geburten ohne Schmerzen, das war bei mir nicht der Fall. Ich hatte schon durchaus… knackige Geburten. Trotzdem oder gerade deshalb war ich danach jedes Mal sehr beglückt und stolz, es so geschafft zu haben. So, wie wenn man eine schwere Prüfung macht, kann man auch nach einer Geburt, die so richtig heftig war sagen: Boah, ich habe das jetzt aber gerockt! Es verändert einen auch.

Die Geburt als Paar gemeinsam zu erleben, ist auch für den Partner toll

Um mehr von den schönen Geschichten zu erzählen, habe ich auch mein Buch geschrieben, wo ich Geschichten gesammelt habe:Ich möchte, dass Frauen sehen, dass es echt schöne Geburten gibt und dass es was ganz Tolles sein kann und nicht etwas, wo man irgendwie Angst vor haben muss. Was wirklich großartig ist und einen auch als Menschen noch einmal auf ein ganz anderes Level bringt, so etwas zu erleben.“
 



Haben die Geburten deine Art zu arbeiten verändert?
Ja, ich glaube schon, dass es einen auch verändert, eine geurt selbst durchlebt zu haben. Auf jeden Fall ist es so, dass man bei den Frauen noch einmal ein anderes Ansehen hat. Man wird sehr oft gefragt, ob man Kinder hat.

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.

Jana Friedrich im Interview: Wenn Hebammen Kinder kriegen: "Boah, das habe ich jetzt aber gerockt!"

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