Artikelinhalt
- Was ist das, eine Schwangerschaftsvergiftung?
- Wann tritt diese "Schwangerschaftsvergiftung" auf?
- Welche Ursachen kommen infrage?
- Wie äußert sich eine Präeklampsie und was macht sie so gefährlich?
- Eklampsie und HELLP-Syndrom – zwei Komplikationen einer Präeklampsie
- Wie läuft die Behandlung ab?
- Achtung: Keine Entwässerungskur bei Schwangerschaftsvergiftung!
Bei weltweit etwa fünf bis acht Prozent der Schwangeren entwickelt sich eine Präeklampsie oder auch Schwangerschaftsvergiftung. In Europa liegen die Zahlen bei etwa zwei Prozent. Es handelt sich dabei um eine Bluthochdruck-Erkrankung, die nur im Rahmen einer Schwangerschaft auftritt und die daher nach der Geburt von alleine wieder abklingt. Doch sie kann für die werdende Mutter und ihr ungeborenes Kind lebensgefährlich werden.
Was ist das, eine Schwangerschaftsvergiftung?
Also eine Vergiftung, wie man ursprünglich annahm, schon einmal nicht. Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne. Denn mit Gift hat diese Erkrankung, die nur in der Schwangerschaft vorkommt, nichts zu tun. Umgangssprachlich blieb der Name Schwangerschaftsvergiftung aber lange Zeit gebräuchlich. Und die Dramatik, die in dem Wort Gift steckt, die passt sehr gut. Es handelt sich nämlich um eine äußerst gefährliche Schwangerschaftskomplikation, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann.
Diese drei Leitsymptome kennzeichnen sie:
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- Eiweißausscheidungen im Urin (Proteinurie)
- Wassereinlagerungen (Ödeme)
Wir wollen dich nicht mit zu vielen Fachausdrücken verwirren, aber vielleicht ist dir der Begriff EPH-Gestose schon einmal untergekommen – eine ebenfalls veraltete Bezeichnung dieser schwangerschaftsbedingten Erkrankung (= Gestose), die deren Kennzeichen aufgreift: Der Buchstabe E steht für Edema oder Ödeme (Wassereinlagerungen im Gewebe). P bezeichnet eine Proteinurie (Eiweißausscheidungen im Urin, ≥300 mg/dl)). Und H steht für Hypertonie (einen vorübergehend erhöhten Blutdruck über 140/90). Jedes Symptom für sich kann bereits Anzeichen einer Krankheit sein, die früher hauptsächlich als Schwangerschaftsvergiftung bekannt war. Die offizielle Bezeichnung lautet heute Präeklampsie.
Wann tritt diese "Schwangerschaftsvergiftung" auf?
Die Präeklampsie gehört zu den sogenannten hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen, deren Hauptmerkmal ein erhöhter Blutdruck ist. Der Bluthochdruck entwickelt sich erst in der zweiten Schwangerschaftshälfte und macht zunächst nur unspezifische Beschwerden, was die Diagnose erschwert. Daher ist es auch so wichtig, dass Schwangere darauf achten, die Termine aller Vorsorgeuntersuchungen einzuhalten.
Gestosen kommen auch in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft vor (Fachbegriff: Frühgestose) und äußern sich hauptsächlich durch Übelkeit und Erbrechen, wie zum Beispiel eine Hyperemesis gravidarum. Die Beschwerden verschwinden im weiteren Verlauf der Schwangerschaft von alleine. Die Präeklampsie dagegen ist eine sogenannte Spätgestose, sie tritt demzufolge im letzten Schwangerschaftsdrittel auf.
Welche Ursachen kommen infrage?
Was eine Schwangerschaftsvergiftung genau auslöst, ist noch nicht endgültig geklärt. Fest steht, dass ihr eine Störung in der Plazenta zugrunde liegt. Das führt mit fortschreitender Schwangerschaft zu Gefäßschädigungen bei der Mutter, was sich negativ auf verschiedene Organsysteme auswirkt.
Es gibt eine erhebliche genetische Komponente. Wie britische Forschende zeigen konnten, wird die Veranlagung nicht nur über die mütterliche Linie vererbt, sondern auch über die Gene des Vaters. Darüber hinaus wird vermutet, dass auch der Stoffwechsel der Mutter bei der Entstehung eine Rolle spielt.
Einige Schwangere scheinen stärker gefährdet zu sein als andere. Ein erhöhtes Risiko tragen
- Frauen mit einer Mehrlingsschwangerschaft,
- Erstgebärende,
- Mütter, die früher bereits eine Präeklampsie hatten,
- Frauen, die sich einer Kinderwunschbehandlung unterzogen haben,
- Schwangere mit starkem Übergewicht,
- sowie Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft an Erkrankungen der Nieren, an Bluthochdruck, Rheuma oder Diabetes litten.
"Oft leiden die erkrankten Frauen an einem akuten Nährstoffmangel", sagt Sabine Föhl-Kuse, ehemalige Gestose-Patientin und Gründerin der "Arbeitsgruppe Gestose-Betroffene". Für ihr Engagement im Kampf gegen die Krankheit wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Schwangere ernähren sich am besten ausgewogen, eiweißreich, ausreichend kalorienhaltig und keinesfalls salzarm.
Eine US-amerikanische Studie konnte zeigen, dass eine mediterrane Ernährungsweise, das heißt viel Gemüse und Obst, Fisch und Hülsenfrüchte, Olivenöl und Vollkorn, bei Schwangeren das Erkrankungsrisiko um bis zu 20 Prozent verringert. Hier findest du alle weiteren wichtigen Informationen zur Ernährung in der Schwangerschaft.
Wie äußert sich eine Präeklampsie und was macht sie so gefährlich?
Die Leitsymptome (siehe oben), machen sich zunächst nur kaum oder gar nicht bemerkbar. Die Begleitsymptome können sehr unterschiedlich sein. Achte deshalb auf folgende Zeichen:
- Sehstörungen, beispielsweise Augenflimmern oder verschwommenes Sehen
- Lichtempfindlichkeit
- Bauchschmerzen im rechten Oberbauch
- Muskelzucken
- Starke Kopfschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- Schwindel
- Plötzliche Gewichtzunahme von mehr als einem Kilogramm pro Woche im letzten Schwangerschaftsdrittel
Durch die gestörte Plazentafunktion kann es sein, dass dein Baby über den Mutterkuchen nicht ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird – es droht eine chronische Plazentainsuffizienz. Mögliche Folge: Wachstumsverzögerungen und Entwicklungsstörungen, es steigt auch die Gefahr einer Frühgeburt.
Bei der Mutter drohen bei einer Schwangerschaftsvergiftung beziehungsweise einer Präeklampsie gewisse Organveränderungen und somit Schäden an der Leber, Lunge, den Nieren, dem Zentralnervensystem, der Blutgerinnung sowie dem Herz-Kreislaufsystem.
Eklampsie und HELLP-Syndrom – zwei Komplikationen einer Präeklampsie
Nicht rechtzeitig entdeckt drohen schwere Verläufe, die schnellstmöglich im Krankenhaus behandelt werden müssen. Es kann Lebensgefahr bestehen.
Eklampsie
Bei einer Eklampsie kommt es zu neurologischen Störungen, die in schweren Krampfanfällen münden können. Sie kann in der Schwangerschaft, aber auch während oder nach der Geburt auftreten. Mögliche Folgen: Nierenversagen, Plazentaablösung, Thrombosen oder Hirnblutungen.
HELLP-Syndrom
Die schwerste Form einer Präeklampsie, das sogenannte HELLP-Syndrom, geht auf eine Funktionsstörung der Leber zurück. Die Abkürzung steht für folgende Buchstaben und macht sich vor allem durch heftige Oberbauchschmerzen, Übelkeit oder auch Durchfall bemerkbar:
- Hämolyse (rote Blutkörperchen lösen sich auf)
- Erhöhte Leberenzyme
- Low Platelets (Englisch für verminderte Anzahl von Blutplättchen)
Wie läuft die Behandlung ab?
Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen behält deine Gynäkologin oder dein Gynäkologe deinen Blutdruck und deine Urinwerte im Blick, achtet auf Flüssigkeitsansammlungen an Händen, Gesicht oder Füßen. Mithilfe spezifischer Blutmarker (zum Beispiel der Plazentare Wachstumsfaktor PlGF und der lösliche Rezeptor des Wachstumsfaktors, sFlt1) lässt sich recht genau abschätzen, ob eine Schwangerschaftsvergiftung im Anmarsch ist – und rechtzeitig eingreifen.
Bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko können mit Ultraschall und Blutananalysen schon in der Frühschwangerschaft, genauer gesagt zwischen der 11. und 14. SSW darauf hinweisen, ob im späteren Verlauf eine Präeklampsie droht. In diesem Fall kannst du vorsorglich Acetylsalicylsäure (ASS, 100–150 mg pro Tag) einnehmen und so das Risiko um bis zu 60 Prozent absenken. Ab der 20. SSW wirkt diese Präventionsmaßnahme leider nicht mehr.
Bei leichten Verläufen, die bereits im Frühstadium entdeckt wurden, reicht häufig schon Schonung oder Bettruhe aus. Deine Ärzt:innen können dir darüber hinaus blutdrucksenkende Medikamente geben, vielleicht auch eine Magnesium-Infusion, um die Krampfneigung einzudämmen.
Die eigentliche Therapie liegt in der Entfernung der Plazenta nach der Geburt. Danach normalisiert sich das Gefäßsystem der Frau wieder und die Beschwerden klingen langsam ab. Immerhin: Bleibende Schäden sind eher nicht zu erwarten. Die Mediziner:innen werden versuchen, die Schwangerschaft so lange wie möglich aufrecht zu erhalten und nur im Notfall das Kind mit einem Kaiserschnitt auf die Welt holen.
Achtung: Keine Entwässerungskur bei Schwangerschaftsvergiftung!
Eine Präeklampsie beginnt häufig mit Wassereinlagerungen im Gewebe, die Schwangeren klagen über dicke Füße und Hände, ein aufgeschwemmtes Gesicht, plötzliche Gewichtszunahme. Symptome, die früher sehr häufig zu einer falschen und gefährlichen Behandlung führten: Den Frauen wurde eine Entwässerung empfohlen. Sie sollten wenig oder gar kein Salz essen, Reis- oder Obsttage einlegen und Entwässerungstees trinken.
"Auch heute noch", so Sabine Föhl-Kuse, "berichten uns betroffene Frauen gelegentlich von einer solchen Verordnung ihres Arztes oder ihrer Ärztin" Dabei ist die offizielle Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe bei einer Schwangerschaftsvergiftung unmissverständlich: "Obst-, Reistage oder eine kochsalzfreie oder -arme Diät sollten heute keine Anwendung mehr finden." Denn durch den Salz- und Wasserentzug dickt das Blut der Schwangeren weiter ein, es fließt immer träger durch die Adern. Um es überhaupt noch transportieren zu können, muss der Körper den Blutdruck ständig erhöhen. Trotzdem gelangen nicht mehr ausreichend Nährstoffe in die Plazenta, das Baby ist unterversorgt. Und am Ende stehen schlimmstenfalls eine Frühgeburt oder das gefürchtete HELLP-Syndrom.
Lesetipp: Mehr über mögliche Komplikationen in der Schwangerschaft, wie sie sich verhindern und behandeln lassen, liest du hier zum Thema Nabelschnurvorfall, Zytomegalie, Schwangerschaftsdiabetes oder auch, was Grünes Fruchtwasser bedeutet.
Quellen:
- Ärzteblatt: DNA des Feten beeinflusst Präeklampsie-Risiko, zuletzt abgerufen am 10.01.2023
- Bundeszentrum für Ernährung: Präeklampsie vorbeugen. Kann eine mediterrane Ernährung helfen?, zuletzt abgerufen am 10.01.2023
- Frauenärzte im Netz: Schwangerschaftshochdruck/Präeklampsie, zuletzt abgerufen am 10.01.2023