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Wehenschmerzen So kommen Babys in anderen Kulturen zur Welt

Wehenschmerzen : So kommen Babys in anderen Kulturen zur Welt
© NexTser / iStock
Stell dir vor, die Wehen sind gerade besonders schmerzhaft und du dürftest keinen Mucks von dir geben, keine Miene verziehen. Unvorstellbar? Für viele Mütter in anderen Kulturen aber Realität. Wir haben uns auf die Suche gemacht nach Geburtsritualen in aller Welt – und sind dabei auch auf wunderbare, geheimnisvolle und berührende Bräuche gestoßen.

Artikelinhalt

Auf einen Blick

  • Die französische Psychologin und Psychotherapeutin Lise Bartoli hat sich Geburtsrituale auf der ganzen Welt angeschaut.
  • In vielen Kulturen ist eine Liegendgeburt verpönt. Häufig gebären Frauen dort sitzend oder hockend.
  • In anderen Kulturen sollen Hebammen mit ihren magischen Kräften auch vor Geistern schützen.
  • Oft ist auch Wärme sehr wichtig. Sie soll Mutter und Kind schützen und stärken.

Gehe ich ins Krankenhaus oder ins Geburtshaus? Lasse ich mir die Wehenschmerzen durch eine PDA  erleichtern oder will ich so natürlich wie möglich gebären? Soll der Vater dabei sein oder ist er mir eigentlich mehr Last als Hilfe? Das sind die Fragen, die sich Schwangere in Deutschland stellen, wenn sie sich auf ihre Geburt vorbereiten. In manchen Foren diskutieren die Frauen auch: Ist es eigentlich peinlich, wenn ich meine Schmerzen laut hinausbrülle? Nein, das wird dir helfen, raten dann die meisten.

Mythen um die Wehenschmerzen in vielen Kulturen

Welch ein Glück wir haben! Das denkt, wer erfährt, wie in vielen anderen Kulturen mit den Wehenschmerzen umgegangen wird. Ist es peinlich zu schreien? Das ist dort gar nicht die Frage. Die werdende Mutter muss eisern die Zähne zusammenbeißen – sonst beleidigt sie die Ehre der Familie, bekommt kein braves Kind (Thailand) oder wird gar unfruchtbar (Benin). Die französische Psychologin und Psychotherapeutin Lise Bartoli hat sich auf die Suche gemacht nach den Geburtsritualen in aller Welt und dabei erschreckende, aber auch wunderbar ergreifende Geschichten zusammengetragen.

Denn ist auch der Umgang mit den Wehen in vielen Kulturen Afrikas und Asiens unbarmherzig und hart – so wird den Frauen dort auch unglaublich viel Zuwendung, Unterstützung und Geduld entgegengebracht. Ein Ritual mit geheimnisvollen, uralten Traditionen ist die Geburt. Und deswegen denkt man auch manchmal: Haben die ein Glück! Können wir uns von anderen Kulturen vielleicht etwas abgucken? Entscheide selbst.

Schmerzen Geburt

Umgang mit dem Geburtsschmerz

Asien
Eine werdende Mutter in Thailand hat es nicht leicht. Leidet sie während der Geburt, schreit womöglich sogar, dann hat das nach dem dortigen Glauben weitreichende Konsequenzen: Ihr Kind wird wahrscheinlich frech werden und nicht gehorchen. Beißt sie aber die Zähne zusammen und zeigt keine Regung, dann wird sie mit einem äußerst braven Kind belohnt. Ein unglaublicher Druck, der da auf den Frauen lastet. Für die Buddhisten hat der Geburtsschmerz aber auch noch eine andere, negative Bedeutung: Eine Schwangere, die während der Entbindung leidet, bezahlt damit die Sünden, die sie in einem ihrer früheren Leben begangen hat. Welche Frau wird da nicht versuchen, ihre Schmerzen zu unterdrücken? In Taiwan wird von den gebärenden Frauen erwartet, dass sie nicht schreit, damit die anderen Bewohner des Ortes nicht gestört werden. Die Hebammen in Malaysia beschwören während der Geburt Zauberformeln, um die Frauen von ihrem Schmerz abzulenken.

Arabische Welt
Aber auch in muslimisch geprägten Ländern wird von den Frauen oft mehr Selbstbeherrschung erwartet als das in christlich geprägten Gesellschaften der Fall ist. In Marokko unterdrücken die gebärenden Frauen den Schmerz, indem sie auf ihre Haare beißen. In Ägypten legen sich die Mütter ein Tuch in den Mund. Kein Laut soll nach außen dringen – so können die Frauen beweisen, wie tapfer sie sind.

Wer Schmerzen zeigt, muss mit Spott rechnen

Afrika
In Afrika aber ist der Druck auf die Frauen, ihren Schmerz zu beherrschen, am höchsten. In zahlreichen Kulturen ist das Schreien während der Geburt absolut verpönt, damit beschmutzt die Frau die Ehre ihrer Familie. Aber die Menschen haben auch Angst, dass die Schreie der werdenden Mutter böse Geister oder Hexen herbeirufen könnten. Die Bariba in Benin glauben, dass eine Frau, die sich während der Geburt wünscht, sie wäre nie schwanger geworden, zur Strafe sofort unfruchtbar wird. In Nigeria wird eine Frau auch getadelt, wenn sie nach der Geburt jemanden bittet, ihr beim Aufstehen zu helfen. Bei den Diola im Senegal ist die Geburt des ersten Kindes die Eintrittskarte der Mutter in die Gemeinschaft der Frauen des Dorfes. Schreit sie aber während der Geburt, wird sie nicht aufgenommen.

Amerika
Und wie sieht es auf dem amerikanischen Kontinent aus? In Mexiko ist den Frauen zwar erlaubt, ihre Schmerzen zu zeigen, aber sie müssen dann mit dem Spott der anderen Frauen rechnen. Gebärende auf den Antillen, weiß Bartoli, sind hingegen bekannt dafür, dass sie ihre Schmerzen laut herausschreien.

Rituale rund um die Geburt

Frau mit Henna auf den Händen zündet eine Kerze an
© desifoto / iStock

Alles öffnen
Von China über Indien bis Marokko glauben viele Menschen, dass die Geburt schneller und leichter verläuft, wenn um die werdende Mutter herum alles geöffnet ist. Damit soll symbolisch die Öffnung des Muttermundes unterstützt werden. So löst die indische Mutter ihre Haare und zieht ihren Schmuck aus. Die Kleider werden gelockert, die Türen geöffnet, sogar die Tiere werden freigelassen. In Marokko legt die werdende Mutter ihr Kopftuch ab und bindet ihren Gürtel auf. Ist der Mann in der Türkei bei der Geburt dabei, soll er die Schnürsenkel öffnen und sein Hemd aufknöpfen.

Warm und geschlossen
Ein weiteres Ritual zielt genau in die andere Richtung: Um die bösen Geister zu bannen, für deren Fluch Mutter und Kind während der Geburt besonders anfällig sind, werden in Mexiko alle Fenster und Türen fest geschlossen. In vielen asiatischen und afrikanischen Ländern spielt auch die Wärme eine wichtige Rolle: Sie vertreibt die bösen Geister und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Mutter während der Geburt bei Kräften bleibt. Bei den Kanuri in Nigeria steigt die Frau während der Wehen mehrmals in heiße Bäder, um sich und ihr Kind zu schützen. In den peruanischen Anden trinken die Mütter eine Mixtur aus Gewürzen, Getreide und Alkohol, um sich warm zu halten.

Die Massage mit einer Bärentatze soll Kraft geben

Stachelige Ananas und Bärentatzen – magische Rituale
In vielen Kulturen übernimmt die Hebamme zwei Rollen: Sie hilft der Mutter bei der Geburt und schützt sie durch ihre magischen Fähigkeiten gleichzeitig vor dem Angriff böser Geister. Denn die Ankunft eines neuen Menschen wird in vielen Völkern als ein Moment angesehen, in dem auch negative Kräfte sehr viel Macht erlangen können. In Malaysia bringt die Hebamme eine stachelige Ananas mit, die Mutter und Kind schützen soll. Außerdem streut sie eine Mischung aus Reis, Salz, Safran und Tamarindenfrucht in alle vier Himmelsrichtungen und zeigt damit den Geistern, dass die Bewohner des Hauses wachsam sein werden.

In Indien achtet die Hebamme darauf, dass das Bett, in dem die Mutter gebären wird, nicht unter dem Hauptbalken des Daches steht, da sich dort nach hinduistischen Glauben der Gott des Todes aufhält. In der Mongolei wird der Bauch der Frau mit einer mumifizierten Bärentatze massiert – die Kraft des Tieres soll auf die Gebärende übergehen, so dass sie ihr Kind ohne Schmerzen zu Welt bringt. Auf der indonesischen Insel Java nimmt die Hebamme den Kindsvater in die Pflicht: Er mixt unter ihrer Anleitung eine Paste aus Kräutern und spuckt diese dann auf den Kopf der Frau – natürlich soll auch das die Mutter schützen.

Die Gebärposition

Schwangere hockt bei der Geburt über dem Bett
© RealCreation / iStock

Nordafrika
In den nordafrikanischen Ländern wie Tunesien oder Marokko gebären die Frauen im Sitzen, während die Hebamme sie von hinten stützt. Als Sitz oder Hocker benutzen die Bewohner der algerischen Sahara manchmal den Rand großer Couscous-Schalen, in Marokko setzen die werdenden Mütter sich auf ein Bett aus Laken.

Südamerika
In vielen südamerikanischen Kulturen bekommen die Frauen ihre Kinder in einer knienden Position. In Guatemala z.B. kniet die werdende Mutter vollständig angekleidet auf einer Strohmatte und stützt sich unter den Wehen mit den Händen gegen ein Bett oder einen Stuhl. Ihr Mann versucht ihr dabei zu helfen: Er hält seine Hände stützend unter ihre Arme. Bei den Mayas in Guatemala unterstützt der Mann seiner Frau, indem er ihr sanft auf den Kopf drückt – und damit dem Kind seinen Weg nach unten weist. Die Frauen der Yanonami-Stämme im Nord-Westen Brasiliens knien sich zum Gebären neben einen Baum, umschließen den Stamm mit beiden Armen und sammeln dadurch Kraft für die Wehen.

EIne Geburt nach Norden bringt Unglück

Afrika
Hockend, das Körpergewicht ganz auf die Füße gestützt, das ist die Position, die Gebärende in vielen afrikanischen Kulturen einnehmen. Meist sitzt dabei hinter ihr eine Frau, die ihr den Bauch massiert und sie unter den Armen stützt. Die Diola im Senegal animieren ihre Gebärenden dazu, sich während der ersten Phase der Geburt viel zu bewegen oder sogar zu tanzen, bevor sie für die Presswehen in die Hocke gehen. Bei einigen Stämmen der Elfenbeinküste hocken sich die Frauen in ein großes Wasserbassin und gebären ihr Kind dort. Dadurch sollen die Schmerzen besser zu ertragen sein.

Asien
In Asien gebären die Frauen häufig auf dem Rücken liegend. Aber bei den meisten Völkern auf dem Land wird dabei ein Lager auf der festen Erde dem Bett vorgezogen. In Indien legen sich die Frauen erst kurz vor Beginn der letzten Phase der Geburt hin. Dann setzt sich die Hebamme rittlings auf ihren Bauch und unterstützt die Mutter dabei, das Kind auf die Welt zu bringen. Um die Geburt zu erleichtern, orientieren sich die Menschen in Malaysia an den Himmelsrichtungen: Gen Westen richten die Malaysier ihre Gebete, es ist die geweihte Himmelsrichtung, daher sollte auch das Kind in den Westen hinein geboren werden. Unglück bringen hingegen der Norden, der mit dem Tod in Verbindung steht und der Osten, der den Weg für böse Geister öffnet.

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