5. März

Was für eine tolle Überraschung: Steffen steht mit Blumen vor der Zimmertür und will mit mir den Frauentag vorfeiern, weil ich ja nicht zu Hause sein kann. (Morgen wäre mein geplanter Rückflug gewesen, wenn die Eihäute nicht lose wären). Und das, obwohl am Donnerstag zu allem Überfluss auch noch eine Schwangerschaftsdiabetes diagnostiziert wurde!
8. März
Heute morgen ist die Fruchtblase gesprungen. Ich habe noch keine Wehen und die Herztöne sind auch in Ordnung. Wir versuchen jetzt, die Schwangerschaft so lange wie möglich zu erhalten.
Mein großes Ziel ist weiterhin der 16. März.
16. März
Heute bin ich in der 31. SSW angelangt, also bei 30 + 0. Laut Ärzten ist es für unser Baby jetzt nicht mehr so dramatisch, wenn es jetzt zur Welt kommen würde. Aber bisher ist alles beim Alten. Keine Wehen, keine Infektion. Bei der Chefvisite letzte Woche haben die Ärzte gesagt, maximal zwei bis drei Wochen noch, bis die Wehen losgehen. Mehr sei unrealistisch. Mal sehen, wie lange wir noch durchhalten!
18. März
Seit vier Wochen habe ich Amalia nicht mehr gesehen. Das ist das Schlimmste an allem. Ich vermisse sie und Steffen und den Rest der Familie sehr! Ansonsten hangle ich mich irgendwie von Tag zu Tag.
Ich weiß, dass es das alles wert ist, aber es gibt nichts schön zu reden. Es ist wirklich sehr, sehr hart!
Viele liebe Menschen schreiben mir jetzt häufiger und sagen, dass sie an uns denken. Das und meine Familie und Freunde helfen in dieser Zeit sehr. Ich freue mich schon so sehr auf Mai, wenn es spätestens nach Hause geht!
23. März
Wieder ist eine Woche vergangen und es ist alles beim Alten. Acht Wochen sind es bald! Und ich mag absolut nicht mehr. Dass draußen langsam Frühling wird, sehe ich nur von der Station aus durch die Fensterscheibe. Aber ich denke, das meiste ist geschafft.
27. März
Körperlich geht es weiterhin gut. Nicht eine Wehe oder sonst irgendwelche Komplikationen. Der Blasensprung ist jetzt schon über drei Wochen her!
Aber ich habe solches Heimweh! Ich hatte mir gedacht, ein Ostersonntag im Krankenhaus sei wie ein normaler Sonntag. Irrtum! Ein schöner Feiertag im Frühling, ohne Familie in der Fremde, im Krankenhaus! Ich habe solche Sehnsucht nach Amalia! Zum Glück ist Steffen da. Eigentlich hätte er mit Amalia kommen sollen. Aber er hat sie lieber nicht mitgebracht, denn ich muss ja liegen bleiben, und das hätte Amalia bestimmt nicht verstanden.
30. März
Viele Leute haben mir geschrieben und ein schönes Osterfest gewünscht. Etwas beleidigt habe ich erst mal niemandem geantwortet, sondern nur in Gedanken geknurrt: „Was glaubt ihr, wie schön Ostern im Krankenhaus sein kann?“ Aber jetzt freue ich mich doch, dass sie an mich gedacht haben.
1. April
Die Sonne scheint, und dann: ein Regenbogen am Himmel! Erst am Wochenende habe ich mit meinem Mann alle Stationen unserer Odyssee nochmal Revue passieren lassen. Es fiel uns sehr schwer, über die erste Zeit der Diagnose zu reden. Trotzdem will ich weiter Tagebuch schreiben. Vielleicht kann ich anderen Betroffenen das Leben damit etwas leichter machen.
12. April
Letzten Mittwoch habe ich leichte Wehen bekommen, die zwar nicht stärker, aber immer häufiger wurden. Ich bekam dann eine Infusion mit Wehenhemmer. Das Medikament schlug nicht an. Darum musste ich in den Gebärsaal. Dort haben die Ärzte schon überlegt, das Kind zu holen, weil auch der zweite Wehenhemmer nicht anschlug. Erst der dritte, unser " Joker" Tractocile, brachte dann Ruhe. Ich durfte wieder auf meine Station. Auf Anraten der Ärzte reiste mein Mann am Donnerstag morgen an.
Am Freitag wurde die Tractocile-Therapie gestoppt, weil man das Medikament nicht länger als 48 Stunden geben darf. Am Samstag hatte ich dann wieder Wehen, zum Teil mit Schmerzen. Mein Mann und ich verbrachten daraufhin die Nacht im Gebärsaal.
Ich bekam wieder Tractocile. Mein Mann ist dann Sonntag früh mit dem Bus abgereist. Letzte Nacht waren die 48 Stunden dann wieder vorüber und die Therapie lief aus. Ich habe wieder verstärkt Kontraktionen, die nicht schmerzhaft sind.
Es ist ein ewiges Hin und Her. Manchmal denke ich "Erlöst mich doch einfach!". Und im nächsten Moment bin ich wieder so stolz auf das, was wir geschafft haben. Schließlich sind es seit dem Blasensprung fünf Wochen vergangen! Dann packt mich wieder der Ehrgeiz: Ich will es unbedingt bis Anfang Mai zum geplanten Kaiserschnitt schaffen!
Ich staune über mein Baby. Sie hatte bei allem, was war, immer super Herztöne und es ging ihr blendend. Eine richtige Kämpfernatur! Und auch meine große Tochter ist wahnsinnig tapfer. Sie hält so super durch, hat mir allerdings letzte Woche am Telefon mitgeteilt, dass sie erst wieder Eis essen geht, wenn ich wieder da bin. Wirklich bewundernswert, meine Mädchen!
Hier könnt Ihr die 5. und letzte Folge lesen: Willkommen, Rosalie!
Den Anfang des Tagebuchs gibt es hier: 1. Teil: Die Diagnose. Und die Frage, ob eine riskante OP helfen kann