Fünf Smileys für Kinderfreundlichkeit
"Können wir das schaffen? Jo, wir schaffen das". Der Lieblingsspruch unseres Sohnes - entliehen von Bob dem Baumeister - passt auch auf meine Situation. Denn es steht der erste Papa-Kind-Urlaub bevor. Vor dem es mir zunächst etwas graut, muss ich zugeben. Aber was soll das unken - trösten ich und meine Frau mich -, schließlich ist das Ziel ein Fünf-Smiley-Familien-Erlebnishotel im Salzburger Land, liebevolle Kinderbetreuung von bis zu sieben Kindergärtnerinnen inklusive. Und das im Örtchen Unken, was soll da noch schief gehen!
Auf dem Weg in das rund 90 Minuten Fahrzeit von München entfernte Hotel ist unser zweieinhalbjähriger Sohn jedenfalls begeistert. "Wir fahren ins Kinderhotel zu den Bällen", plappert er begeistert vor sich hin, nachdem er in einem Reiseprospekt den Bälle-Park entdeckt hat. Meine vorsichtige Bemerkung, dass Mama nicht mitkommt, scheint ihn nicht zu stören. Hoffentlich bleibt es auch so. Mir graut es vor dem Satz "Ich will zu meiner Mama", der dann sicher nicht beiläufig in einem Nebensatz, sondern emotional und tränenüberströmt daherkommt. Damit wäre wohl auch eine Kindergärtnerin überfordert - von mir ganz zu schweigen.
Das Hotel bietet Vier-Sterne-Komfort mit fünf Smileys - das haben nur insgesamt acht Betriebe, die unter dem Begriff Kinderhotel zu finden sind. Zur komfortablen Youngster-Ausstattung gehören unter anderem ein Indoor-Planschbereich für Kinder, ein kindersicher getrennter Aufenthalts- und Spielbereich, ein umzäunter Hotelbereich ohne automatische Ausgangstüren und die Indoor-Softplayanlage (die mit den Bällen) zusätzlich zum Betreuungsbereich.
Die eineinhalbstündige Fahrt ist kein Problem, zumal der Kleine gerne im Auto sitzt. Bei eisigen Minusgraden müsste jetzt eigentlich ausgepackt werden - aber wohin derweil mit dem Kind? Folglich checken wir erst einmal ein. Paul bekommt ein Stofftier und ist zufrieden. Auf geht's zum Zimmer. Eigentlich eine einfache Sache, aber wenn man die Zimmernummer nicht findet, ist das ganz schön blöd. Dank des fehlenden Hinweises an der Rezeption und Tomaten auf den Augen entdecke ich erst nach mehreren Minuten, dass die Nummern auf dem Teppich vor den Türen sind. Mensch Paul, hättest ja auch mal was sagen können, Du bist schließlich viel näher dran.
Ri-Ra-Rutschpartie
Kurz darauf will ich ihn in die Betreuung übergeben. Da stellt sich Problem Nummer zwei in den Weg. Wie geht die verspiegelte Eingangstür auf? Zurück zur Rezeption, dort stellen wir uns erst einmal ganz dumm... Das freundliche Grinsen der Empfangsdame ignoriere ich und sie erklärt mir bereitwillig, dass der Öffner auf etwa 1,70 Meter Höhe platziert wurde. Das bekomme ich später von einem netten Landwirt auch noch einmal erläutert, der mit Frau und zwei Kindern hier ebenfalls urlaubt. Im Kindergarten scheint es Usus zu sein, aber da war ich zuletzt vor Jahrzehnten und kann mich wahrlich nicht mehr daran erinnern. Ich glaub', so was gab es zu meiner Kindergartenzeit noch nicht.
Direkt neben den Betreuungszimmern (eines für die Großen von drei bis sieben Jahren, eines für Kleinkinder bis drei Jahren) entdeckt Paul eine gelbe Röhrenrutsche, in die er grußlos verschwindet und erstaunlicherweise auch nirgendwo mehr auftaucht. Zu spät erst wird mir bewusst, dass es sich um eine Rutsche in die darunter liegende Etage handelt. Nun steh ich da: Vor mir ein gelbes Loch und Leere im Kopf. "Entschuldigung, wie komm ich zu meinem Sohn? Er ist da einfach runtergerutscht" - ich winke einer Kindergärtnerin zu und stammele meinen Text. Paul ist da unten jetzt ganz alleine, da muss ich jetzt schnell hin. Sie erklärt mir bereitwillig den Weg und ich stürze den Gang entlang, die Treppen hinab und finde nach kurzem Suchen (der Lerneffekt tritt ein) einen weiteren Türöffner in 1,70 Meter Höhe. Gedrückt, die Tür aufgerissen, da steht er, der kleine Racker und grinst mich an. Er zumindest amüsiert sich königlich.
Toben im Bällepark
Die Softplay-Anlage hat neben der Rutsche auch noch einen riesigen Bälle-Park als Attraktion zu bieten. Das Ganze erinnert ein wenig an Ikea, ist aber durchaus positiv gemeint. Rund 180 Quadratmeter laden zum Toben ein - Paul fühlt sich schon ganz zu Hause. Wie gefällt es Dir? "Super toll", sagt er. Der erste Tag ist jetzt schon ein voller Erfolg - wenn er dann im Bett ist, muss ich mich erst einmal orientieren, was es hier alles für Möglichkeiten gibt.
Vorher steht aber noch das Abendessen auf dem Programm und neben den beliebten Standards Eis und Pommes wird hier wirklich sehr viel geboten - von Nudeln über Gemüse bis hin zu Kartoffel-Smileys, und das alles im eigenen Kindermenü-Bereich. Paul ist restlos begeistert, er ißt wie ein Scheunendrescher. Ich bin zufrieden, zumal sich Paul auch anstandslos ins Bett bringen lässt.
Doch manchmal wirkt das Angebot - gerade beim Essen - etwas überfrachtet, was nicht an diesem Hotel, sondern am Konzept liegt. Der Spagat zwischen kindgerecht und Luxus für die Erwachsenen - was angesichts der hohen Preise auch erwartet wird - ist schwer zu schaffen. Wer die Kleinen nicht bei der Kinderbetreuung abgeben kann oder mag, um in Ruhe ein Fünf-Gänge Menü zu verspeisen, dem dauert das Essen einfach zu lange. Manchmal wäre weniger mehr - einfach ein nettes Büffet und dann kann sich jeder das nehmen, was er möchte. Das wäre weniger Stress für die Beteiligten.
Planschen mit Mogli
Tags darauf habe ich einen besseren Überblick, was denn alles geboten wird. Rodeln, Skifahren, Reitponys, Sauna, Whirlpool, Beauty-Anwendungen im Winter und im Sommer wäre auch noch Golfen auf der Driving-Range möglich. Jetzt eher nicht, bei Schneemassen von knapp einem Meter. Die Beschneiungsanlage, die auf knapp 600 Meter Höhe im Notfall für die weiße Pracht (wie Anfang des vergangenen Jahres) sorgen muss, hat dienstfrei.
Paul möchte heute schwimmen gehen, denn auch die Elefantenrutsche ist ihm auch noch aus dem Prospekt im Gedächtnis geblieben. Und ich muss zugeben: wirklich nett gemacht. Mogli, Balu, Shirkan - das gesamte Dschungelbuch ist auf den Wänden neben dem Planschbecken vertreten. Des Weiteren ist es hier extrem warm, was den unschätzbaren Vorteil bietet, dass die Gefahr einer Erkältung bei den Kindern minimiert wird, auch wenn sie stundenlang im Wasser sitzen. Das beruhigt mich ungemein, denn eine Erkältung gehört auch zu den Szenarien, die den Urlaub ganz schön trüben können.
Am Nachmittag wollen wir Rodeln. Da ich ohnehin einen Papa-Sohn-Urlaub eingeplant habe, nutze ich die Kinderbetreuung fast gar nicht. Denn Paul ist dafür auch in einem etwas ungünstigen Alter: Die Drei- bis Siebenjährigen machen ebenso ein richtiges Programm im Kinderparadies wie die Sieben- bis 15-jährigen im "Youngsters Paradise". Ab zwei Jahren darf man sich im Kinderparadies aufhalten und zuschauen, was angeboten wird - aber das aktive Mitwirken ist noch nichts für ihn (Proben für die Kindershow, Filme im eigenen Kino namens Smileyplexx, Brot backen, Popcorn oder Schokobananen herstellen, Hüpfburg, Pferdereiten und vieles mehr). Wir gehen lieber Schlitten fahren, was auch sehr viel Spaß macht. Der Hügel ist sehr flach, aber es soll ja auch den Kiddies Freude bereiten und sicher sein - aus diesem Blickwinkel ist alles in Ordnung.
Die Zeit vergeht im Flug
Einmal die Woche ist "Tischlein, deck dich" angesagt. Gegen 18 Uhr versammeln sich die Kinder in einer Ecke des Restaurantbereichs und warten gespannt auf die Vorführung, die mit mystischer Musik beginnt. Nach lauten "Tischlein, deck dich"-Rufen aus dem Kinderchor öffnen sich zwei Türen aus dem Boden und umwabert vom Trockeneisnebel fährt ein Tisch mit allerlei Kinderleckereien nach oben: Spaghetti, Pommes, Fischstäbchen, Hühnchen, Schokolade, Eis und Kuchen lachen die Kinder an. Als alle klatschen, fangen einige Kleinkinder an zu weinen. Paul auch, aber die Tränen trocknen schnell wieder. Beim Abendessen fällt zum ersten Mal auf, dass man als männliche Zweierbande doch eine Außenseiterposition hat. Die meisten Familien kommen mit einem oder zwei Kindern - Strohwitwer mit Anhang fallen doch eher auf.
Der Urlaub verfliegt, ein gutes Zeichen. Mittlerweile bin ich mir sicher, dass Unken eine gute Entscheidung von mir war. Paul hat inzwischen gelernt, dass wir im dritten Stock wohnen und mit dem Aufzug fahren. Die einzelnen Etagen sind farblich unterteilt: Das Erdgeschoss ist blau hinterlegt, die erste Etage grün, die Zweite rot und die Dritte gelb. Da sich mein Sohn schon prima auskennt, stürmt er, wenn wir das Zimmer verlassen, sofort mit den Worten "Ich drück schon mal" in Richtung Aufzug. Aus irgendeinem Grund trödele ich heute ein wenig, als es zum Frühstück geht. Dann höre ich ihn rufen: "Ich bin schon drin!". Uaah, das kann ja wohl nicht wahr sein, denke ich, und haste hinterher. Zu spät. Die Türen schließen gerade und im Aufzug steckt Paul, sonst niemand. Zum Glück wird mir die Entscheidung abgenommen, in welche Richtung mein Kleiner fährt. Es muss runter gehen, der Neubau, in dem wir untergebracht sind, hat nur drei Etagen. Während ich die Treppen hinunterstürze, höre ich ihn rufen: "Papa!". Zwar ohne einen ängstlichen Unterton, aber dennoch. Ich haste hinab und erwische den Aufzug im Erdgeschoss. Paul hat wie immer auf den blauen Knopf gedrückt und kommt gerade aus dem Fahrstuhl heraus: "Ich bin ganz alleine gefahren, Papa." "Ja Schatz, das hast du toll gemacht", antworte ich erleichtert und japse nach Luft.
Kurz darauf steht auch schon unsere Abreise auf dem Programm. Der Urlaub hat sich wirklich gelohnt, wenngleich es für mich schon eine Umstellung war, ganz alleine in fremder Umgebung alleiniger Ansprechpartner zu sein. Paul fand alles "super toll" - aber er hat sich auch gefreut, mit der Bob-der-Baumeister-CD im Auto wieder nach Hause zu fahren und Mama in die Arme zu schließen.
Seit der Wintersaison 2004/2005 weist das Hotel Zur Post die maximale Zahl der Kinderfreundlichkeit in Form von fünf Smileys auf. Um diesen Kriterien zu entsprechen, musste das Angebot um folgende Einrichtungen erweitert werden: Hallenbad, Beautyfarm, Softplayanlage und Smileyplexx (Kino und Showbühne). Die Zimmerkapazität wurde ebenfalls auf insgesamt 49 Zimmer und Suiten erhöht. |