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Zuckertütenfest Wie die Schuleinführung im Osten gefeiert wird

Zuckertüten sind auf einer Wäscheleine aufgehängt
© feinfarben / Adobe Stock
Ihr fragt euch, was es mit dem sogenannten Zuckertütenfest auf sich hat? Wir verraten euch, worum es bei der ostdeutschen Einschulungs-Tradition geht – und wie sie gefeiert wird. 

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"Ost-Kinder" wachsen noch immer ein wenig anders als Gleichaltrige im Westen Deutschlands auf. Das beginnt schon im Kleinkindalter, denn: Der Kita-Besuch von Kindern unter drei Jahren ist in den neuen Bundesländern mit einer Betreuungsquote von 45 bis 65 Prozent die Regel. In den alten Bundesländern liegt die Quote deutlich niedriger bei 20 bis 45 Prozent.  

Eine Tatsache, die sich historisch erklären lässt. Denn die DDR war darauf ausgelegt, dass Frauen nach der Geburt ihres Kindes schnell wieder arbeiten gingen. Das Ende der Kita-Zeit markiert in gewisser Weise auch das Ende eines Lebensabschnitts – insbesondere für Kinder, die seit ihrem ersten Lebensjahr in der Betreuung waren. Und dieses Ende wird im Rahmen des Zuckertütenfestes gebührend zelebriert.  

Was ist das Zuckertütenfest? 

Vorab zum Verständnis für Leser:innen, denen der Begriff "Zuckertüte" nicht bekannt ist: eine Zuckertüte ist nichts anderes als eine Schultüte. Und die gehört bekanntlich zum ersten Schultag dazu. Oder auch zum letzten Kita-Tag. Beim Zuckertütenfest werden die Schulanfänger aus der Kita verabschiedet. Eine Tradition, die seit den 1960er-Jahren gefeiert wird – und somit vermutlich als Kulturgut Ostdeutschlands zu betrachten ist.  

Die Zuckertüte gibt es jedoch schon viel länger: Erste Quellenbelege gehen bis ins ausgehende 18. Jahrhundert zurück und stammen aus Mitteldeutschland – damals wurden die Spitztüten aus Papier im Handel verwendet, um Süßigkeiten zu verpacken. Auch heute noch sind es genau diese ostdeutschen Regionen, in denen ein sehr ausgeprägtes Brauchtum um die Zuckertüte herum entstanden ist. 

Wie wird die Abschiedsfeier gestaltet? 

Für das große Abschiedsfest in der Kita, das mit Erzieher:innen, Eltern und Großeltern gefeiert wird, proben die Kinder meist ein Programm ein. Sie üben etwa Tänze oder Lieder, die sie vor ihrer Familie aufführen. Die Ausrichtung des Festes ist ganz individuell. Je nach Wetterlage wird etwa im Außenbereich der Kita gegrillt oder ein Lagerfeuer mit Stockbrot und Würstchen geplant. Eltern steuern Salate und Kuchen bei – und überreichen den Erzieher:innen Geschenke zum Abschied.  

Highlight des Zuckertütenfests ist jedoch der sogenannte Zuckertütenbaum. Gemäß einer Legende, die Kindern früher erzählt wurde, "wachsen" die Zuckertüten als Früchte an einem Baum heran. Wenn die Tüten groß genug sind, ist es für die Kleinen höchste Zeit, zur Schule zu gehen. Auch Albert Sixtus, der im Jahr 1920 das Kinderbuch "Der Zuckertütenbaum" veröffentlichte, knüpft an diese Geschichte an. Beim Zuckertütenfest werden die kleinen Schultüten feierlich an die Schulanfänger überreicht. Sie sollen sowohl Vorfreude auf die Schule als auch auf die "richtige" Schultüte machen, die es am Tag der Einschulung gibt. 

Einschulungsfeier gleich Zuckertütenfest?  

Das Zuckertütenfest wird häufig auch mit der Einschulungsfeier gleichgesetzt, die meist am Samstag vor dem Schulstart stattfindet. Der Schulanfang markiert den Beginn eines neuen Lebensabschnitts – und wird ausgiebig gefeiert. Zu DDR-Zeiten wurden die Kinder mit der Schuleinführung zudem "Teil der sozialistischen Gemeinschaft". In den alten Bundesländern wird die Einschulung eher als Begrüßung der Kinder verstanden, die meist in der Woche und nicht am Samstag stattfindet.  

Ob Zuckertütenfest oder Einschulungsfeier – eines haben beide gemeinsam: Die Kita-Zeit wird verabschiedet und die Schulzeit willkommen geheißen. Vormittags findet der offizielle Einschulungspart in der Schule statt, nachmittags kommt die Familie zusammen. Wer ein Haus mit Garten besitzt, richtet die Party dort aus. Hüpfburgen werden angemietet und häufig auch ein Catering bestellt. Möglich sind aber auch Feiern in angemieteten Locations oder – wer lieber im kleinen Kreis bleibt – ein Mittagessen im Restaurant.  

Quellen:  

Destatis.deKarten zur Statistik der Kindertagesbetreuung

ELTERN

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